Tag 12: Von Nord nach Süd

Etappe: Wellington – Picton – Pelorus Bridge – Marahau Beach Camp

Wellington-Wetter am Morgen, d.h. Regen und kalt. Und ein Handy, das zur angegebenen Weckzeit nicht geläutet hat. Gestern Abend habe ich extra nochmal nachgeschaut: 44% Akku, das reicht dicke bis zum Morgen. Ja, denkste! Wenn das Handy auf der eiskalten Glasplatte der Herdabdeckung liegt, Bluetooth und WLAN an ist, dann reicht’s eben nicht. Aber es war dann doch alles halb so schlimm, denn die eingestellte Weckzeit von 6:30 Uhr haben wir um genau 2 Minuten verpasst, weil wir ohnehin von selbst wach wurden. Also alles im Lot.

Das Einchecken auf der Fähre sollte laut Voucher “no later than 7:30am” sein. Gut, das hieß, es gab eben kein gemütliches Frühstück, sondern nur Morgentoilette mit Dusche und fertig. Kaffee und Frühstück wollten wir dann auf der Fähre einnehmen.

Der Interislander Check-In liegt zum Glück nur einen Kilometer vom Wellington Waterfront Motorhome Car Park entfernt, so dass wir dann um 7:15 am Check-In standen. Genau, wir standen. So wie viele andere Fahrzeuge mit uns. Und es ist schon interessant, wie die Logistik beim Beladen so einer großen Fähre funktioniert. Wir hatten genügend Zeit, uns das Schauspiel anzusehen, da wir als eines der letzten Fahrzeuge an Bord durften. Hinter uns waren nur noch zwei weitere Wohnmobile, von denen eines am Check-In zwar vor uns war, aber danach auf die Seite gewunken wurde, um zu warten. Vermutlich wegen der Höhe des Fahrzeugs.

Nachdem der Camper schließlich doch noch ordentlich auf der Fähre geparkt war, enterten wir umgehend das Bordcafé für ein Frühstück. Kaffee gab es, aber da wo wir waren nur Snacks, also Snickers und Süßigkeiten. Gut, dann eben Zucker. Hilft ja auch zum Wachwerden. Im Verlauf der Passage haben wir dann auch die anderen Decks und die anderen Verpflegungsmöglichkeiten gefunden.

Die Passage an sich war, wie auch im Reiseführer angekündigt, auf den ersten eineinhalb Stunden ziemlich bewegt, denn die Fahrt über das offene Meer hatte es in sich. Claudia war nicht ganz wohl, aber sie hielt sich tapfer. Hing wohl auch mit dem Kaltstart am Morgen zusammen. Immer wieder kamen die Durchsagen, dass man unbedingt die Handläufe beim Treppensteigen benutzen und keine Dinge, wie Tabletts, Teller, Tassen und dergleichen herumtragen sollte. Die Türen zu den Außenbereichen waren zum Teil gar nicht zu öffnen, so stark drückte der Wind dagegen!

Sobald wir jedoch die Cook Strait hinter uns gelassen haben und in den Meeresarm, der vor Picton liegt einfuhren, beruhigte sich das Schiff augenblicklich wieder. Plötzlich gingen auch alle Türen wieder leicht auf und die Leute strömten auf die Aussichtsdecks. Das Wetter war auch ganz anders als bei der Abfahrt: es hatte Sonnenschein mit ein paar vereinzelten Wolken. Eigentlich ideal. In Picton gab es dann erst mal ein vernünftiges Mittagessen, wir waren beide ziemlich ausgehungert.

Schnell noch den Tank vollgemacht, und dann ging das Abenteuer auf der Südinsel los. Die ersten Kilometer auf dem Queen Charlotte Drive haben mich wieder mal belehrt, dass Mann den Tag nicht vor dem Abend, sprich die Motorradstrecken im Norden nicht vor denen im Süden, loben sollte. Das war – wieder mal – der pure Hammer, was da an Straße an der Küste entlang führte. Eigentlich hätten wir alle 500 m an einem der Aussichtspunkte stehen bleiben können, aber dann hätten wir Tage gebraucht, um unser Tagesziel zu erreichen.

So blieb es bei einem Stopp an der Pelorus Bridge zwischen Picton und Nelson, wo die Flucht der Zwerge vor den Waldelben und den Orcs aus dem zweiten Teil von “Der Hobbit – Smaugs Einöde” gedreht wurde.

Anschließend fuhren wir weiter bis Nelson, erledigten unseren Einkauf und machten uns dann auf dem Weg zu unserem heutigen Etappenziel, dem Marahau Beach Camp am Eingang des Abel Tasman Nationalparks.

Als wir auf den Parkplatz des Camps abbiegen fährt vor uns ein großer Camper rein. Dreimal dürft ihr raten, wer das war. Genau, das waren die, die an der Fähre warten mussten, weil sie zu groß waren. Wir kamen dann ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass die drei, Mutter, Vater und ihre kleine Tochter, die Betreiber des einzigen Hochseilparks auf Mallorca sind. Und jetzt dürft ihr nochmal raten, was wir zum Abschluss unseres letzten Mallorca-Urlaubs gemacht haben. Richtig, wir waren in genau diesem Hochseilgarten!

Celine und Adrien sind Franzosen und während der Wintersaison als Skilehrer in Courchevel beschäftigt, während der Sommersaison betreiben sie mit einem Partner eben den Jungle Parc in Santa Ponça auf Mallorca. Beim gemütlichen Bierchen und ein paar Snacks wurden dann Erlebnisse und Erfahrungen ausgetauscht und vereinbart, dass wir uns auf alle Fälle melden, wenn wir das nächste Mal auf Mallorca sind. Obwohl, ich war ja auch noch nie in den französischen Alpen zum Skifahren. Mal sehen.

Zum perfekten Abschluss des Tagen gab es, da dann doch noch ein paar Regentropfen gefallen sind, einen hammermäßigen doppelten Regenbogen über der Bucht von Marahau.

Für den kommenden Tag haben wir uns auf unserem Weg zur Westküste einen Abstecher zum Lake Rotoiti vorgenommen.

Tour 8: Wellington – Marahau Beach, 249 km

Tag 11: Wellington oder die Wälder von Hobbiton

Etappe: Wellington und Umgebung

Ja, wir sind tatsächlich mal zwei Nächte am selben Platz geblieben. Das war aber bereits vorher geplant, denn Wellington ist die Heimat der Stone Street Studios, wo Teile der Herr der Ringe Trilogie und des Hobbits gedreht wurden – klar, denn die Studios gehören ja auch Peter Jackson – und auch die Heimat von Weta, die für die Kostüme, Ausrüstung und digitale Special Effects der beiden Reihen (und noch vieler anderer Filme mehr) verantwortlich waren und sind.

Ich hatte schon vorher im Internet – wieder mal – herausgefunden, dass es eine spezielle geführte Tour für Fans der Filme gibt. Gut, dachte ich, das passt. Am gestrigen Tag haben wir die i-Site, das ist die Tourist Information, bereits gefunden, waren aber etwas zu spät dran; aber wir wussten dann, dass sie um halb neun morgens öffnet. Da wir ja im Urlaub und nicht auf der Flucht sind, haben wir gemütlich gefrühstückt und sind dann dorthin spaziert, um die “Ultimate Movie Combo Tour” zu buchen. (Edit 2020: als wir 2014 da waren hieß die Tour noch “Ultimate Movie Tour Plus+”; Link angepasst)

Diese Tour beinhaltet eine Busfahrt zu Drehorten in der Nähe von Wellington, eine Besichtigung der Drehorte, die direkt in Wellington liegen, sowie einen Besuch der Weta Cave, das ist das Museum bzw. der Shop von Weta und, ganz speziell, eine Führung durch die Räume von Weta Workshop. Das heißt, wir kommen dorthin, wo wirklich gearbeitet wird: in die Werkstätten von Weta!

Doch der Reihe nach. Wir waren also in der i-Site und haben gerade den Flyer in der Hand, als wir auch schon von Tom, einem der Angestellten angesprochen werden, ob er uns denn helfen könne. Das ist uns bis jetzt überall aufgefallen, wo wir waren: die Kiwis sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Er hat dann die Tour für uns gebucht, und siehe da, zwanzig Minuten später sollte es schon losgehen.

Leider hat sich das Wetter in der Zwischenzeit dazu entschieden, schlechter zu werden, will heißen, es wurde ziemlich nass von oben. Liquid sunshine. Was soll’s, im Bus war’s trocken. Und zum Glück besserte sich das Wetter schlagartig, als wir Wellington verlassen hatten.

Der erste Drehort, den wir angefahren haben, war ca. 15 Autominuten außerhalb von Wellington. Ein Steinbruch, in dem die Sets für Helms Klamm mit der Hornburg und Minas Tirith gebaut wurden. Heute ist davon leider nichts mehr zu sehen, denn der Steinbruch ist wieder in Betrieb und alle Kulissen und Bauten sind längst verschwunden. Ist ja auch schon 14 Jahre her! Aber es gab interessante Infos und Filme dazu, z.B. dass Minas Tirith aus und auf den Kulissen von Helms Klamm erbaut wurde. Oder dass die lange Steintreppe im Hang, die man im Film kurz für fünf Sekunden sieht, tatsächlich drei Wochen lang mit Presslufthämmern in den Fels gehauen wurde.

Der nächste Stop war in einem kleinen Park, der direkt neben einer Straße liegt: hier waren die Gärten von Isengard, wo Gandalf und Saruman spazierten. Und tatsächlich konnten wir anhand der Filmfotos, die uns Alice zeigte, genau erkennen, wo die beiden entlang spaziert sind. Und damit jeder auch sein spezielles Zauberer-Feeling bekam durften wir, mit langen Stöcken bewaffnet, denselben Weg entlang gehen. Wir fühlten uns sehr magisch.

Dort wurde auch die Szene gedreht, in der die Orcs die Bäume rund um Isengard ausreißen. Tatsächlich war es nur ein einzelner, künstlicher  Baum, der extra von Weta angefertigt wurde. Dieser wurde immer wieder aus verschiedenen Einstellungen und Abständen gedreht und immer wieder aufgerichtet und wieder gefällt.

Anschließend kamen wir zu der Stelle, an der Aragorn nach seinem Sturz über die Felsenklippe am Flussufer angespült wurde. Man glaubt es kaum, aber die Stelle liegt unweit eines Wohngebiets! Nur der Sand, der damals extra angekarrt wurde, hat sich im Laufe der Jahre wieder verflüchtigt, ansonsten sieht alles so aus wie im Film!

Die Mittagspause machten wir im Pakuratahi Park, der noch etwas weiter nördlich liegt. Dort wurde im Herrn der Ringe Rivendell, also Bruchtal, die Stadt der Elben, gedreht. Einfach so, in einem Naturpark. Der Baum, der in vielen Einstellungen zu sehen ist, steht immer noch und anhand dessen konnten wir wieder viele Szenen identifizieren.

Dass zwei von der Gruppe – ich sage jetzt nicht, wer – noch den Legolas mimen mussten, natürlich inklusive Cape, Bogen, Cape und blonder Perücke mitsamt den Elbenohren, diente der allgemeinen Belustigung aller.

Wieder zurück in Wellington wechselten wir den Bus, ein Teil der Leute hatte nur die kurze Version der Tour gebucht (was auch besser war, denn die hatten nach meinem Dafürhalten mit dem Film gar nichts am Hut und die Tour nur gebucht, weil sie halt auch ihrem Kreuzfahrtschiff angeboten wurde, und alle anderen Touren bereits ausgebucht waren). Im kleineren Bus ging es dann in den Park am Mount Victoria – alles im Stadtgebiet Wellingtons.

Dort wurden die Szenen der Wälder des Auenlandes gedreht: wie die Hobbits auf der Flucht vor Bauer Maggot den Abhang hinunterkugeln und dann auf dem Weg fast von dem Ringgeist aufgespürt wurden. Wir haben die Stelle gesehen, wo die Hobbits auf den Weg purzeln und die Stelle, an der sie schnell von der Straße gesprungen sind, um unter einer riesigen Baumwurzel Schutz vor dem Ringgeist zu suchen. Leider war der riesige Baum wieder mal ein künstlicher, gefertigt von Weta, d.h. heute ist da kein Baum mehr zu sehen. Die Grube allerdings, in der sich die vier zusammenkauerten, die haben wir natürlich gesehen. Und, wie könnte es auch anders sein: wir haben die Szene natürlich nachgespielt.

Der Baum, an dem Frodo und Sam Rast machen und Sam kocht, steht immer noch da und sieht fast noch genauso aus. Ich durfte mich mit Pfeife in die Astgabel legen und Claudia hat gekocht, wie im richtigen Leben halt. Na gut, nur fast, wenn sie in Wirklichkeit kocht, raucht sie keine Pfeife.

Zum Schluss des Spaziergangs am Mount Victoria kamen wir noch zum Abhang, an dem die Hobbits vor den Ringgeistern zur Bockenburger Fähre geflohen sind. In der Nacht des Drehs hat es sehr stark geregnet, wodurch der Waldboden natürlich ziemlich rutschig wurde und die Darsteller mit den Hobbitfüßen nicht mehr nach oben gehen konnten, um die Szene zu wiederholen. So wurden kurzerhand starke Männer engagiert, die die Jungs den Berg wieder hochgetragen haben. Immer und immer wieder, bis drei Uhr früh.

Anschließend ging es nach Miramar, eine Halbinsel, die zu Wellington gehört. Dort befindet sich Weta Cave, der Shop von Weta und Weta Workshop. In Weta Cave hatten wir zwanzig Minuten, um Fotos zu schießen und Geld auszugeben. Klar, wozu ist so ein Shop denn sonst da. Wir haben uns mehr auf das Fotografieren beschränkt, denn im Hinterkopf war da immer noch das Gewichtsproblem mit dem Gepäck. War vielleicht auch für das Reisebudget besser so. Obwohl, wenn ich so nachdenke, so ein originales Schwert aus der Herr der Ringe Trilogie hätte schon was. Oder der Eine Ring. Kostet ja nur 5.500 Neuseelanddollar, dafür aber auch mit Zertifikat vom Goldschmied, der die einzige Lizenz dafür hat. Und der fiele an der Hand nicht wirklich ins Gewicht.

Und dann war es soweit: wir durften durch die rote Tür in den Weta Workshop. Striktes Fotografierverbot – versteht sich von selbst – denn dort wird ja tatsächlich an aktuellen Projekten gearbeitet. Und als wir so an der ersten Station der Besichtigung stehen passiert das Unglaubliche: Sir Richard Taylor kommt um die Ecke und sagt einfach: “Hi guys, how ya doin’?” Richard Taylor, das ist der Mann, der mit Peter Jackson das ganze aufgebaut hat und der Chef von Weta ist! Kommt einfach so ums Eck!

Die Workshop-Tour war das Highlight des Tages und eine Erinnerung, die ewig im Kopf bleiben wird. Gerade weil wir KEINE Fotos machen durften. Wir erfuhren, wie die Entwicklung und Herstellung von Requisiten von der Planung bis zur Fertigstellung vonstatten geht. Wie Figuren, Masken und Rüstungen gefertigt werden. Immens war auch der technologische Unterschied zwischen den Filmen vom Herrn der Ringe und dem Hobbit. Eigentlich klar, denn da liegen ja auch zehn Jahre Entwicklung dazwischen.

Am Abend waren wir dann ziemlich voll von Eindrücken und haben versucht, zeitig ins Bett zu kommen, um am nächsten Tag rechtzeitig an der Fähre für die Überfahrt auf die Südinsel zu sein.