Tag 30: Hoch hinaus und schneller Fall

Etappe: Tongariro Holiday Park – Taupo

Eine der kürzesten Etappen unserer Reise – mit Ausnahme der letzten, zum Zurückgeben des Campers – stand für den Tag an. Nur 77 Kilometer betrug die Entfernung vom Tongariro Base Camp bis nach Taupo, der Stadt am gleichnamigen See.

Der Lake Taupo ist der Kratersee eines vor rund 26.500 Jahren kollabierten Vulkans und der größte See Neuseelands. Er liegt ziemlich genau in der Mitte der Nordinsel, mit ca. 100 km Abstand zur West- und Ostküste. Nach Norden, zur Bay of Plenty sind es 110 km und nach Süden erreicht man das Meer in 125 km. Mit 40 km Länge, 28 km Breite und 622 km2 Fläche. Zum Vergleich dazu: der Chiemsee, gerne auch mal ‘bayerisches Meer’ genannt, hat eine Länge von 13,7 km, eine Breite von 9,2 km und eine Fläche von 79,9 km2!

Die Region Taupo ist auf der Nordinsel das, was Queenstown auf der Südinsel ist: die Heimat der Adrenalinjunkies. Alles, was schnell, hoch oder weit ist und den Puls nach oben treibt kann hier in der Region gemacht werden.

Und da wir beim gestrigen Tongariro Alpine Crossing den höchsten Punkt, den wir während unserer Reise zu Fuß erreichen konnten, erreicht hatten, dachten wir uns, da geht doch noch was.

Naja und was bleibt da noch? Entweder mit dem Heli oder dem Flugzeug. Wir haben uns für letzteres entschieden. Und getreu den alten Fliegermottos ‘Runter kommen sie alle’ oder ‘Es ist noch keiner oben geblieben’ wollten wir das Runterkommen aber dann wenigstens auf besondere Weise erledigen und sind am höchsten Punkt bei 15.000 Fuß, das sind ca. 5.000 m, einfach ausgestiegen!

Klingt einfach, war es auch. Claudia hatte zu ihrem 50. Geburtstag einen Tandem-Fallschirmsprung geschenkt bekommen, der aus verschiedenen Gründen nicht durchgeführt wurde. Und so haben wir entschieden, dass wir dann hier in Neuseeland beide einen Tandemsprung machen.

In der iSite von Taupo (wird übrigens wie Toe-Paw, also Zeh und Pfote, ausgesprochen) haben wir den Sprung bei Taupo Tandem Skydiving gebucht. Das Wetter war gut und wenn wir schon auf den Putz hauen, dann aber richtig: unser Shuttle von der iSite zum Flugplatz war ein Stretch-Hummer. War schon ziemlich abgefahren, in der plüschigen Fahrgastzelle (zum Glück in schwarz) hinter verdunkelten Scheiben durch die Stadt zu gondeln.

Am Flugplatz angekommen checkten wir am Registrierungscounter ein, unterschrieben natürlich wie immer die Verzichtserklärungen und Haftungsbeschränkungen und mussten uns auf die Waage stellen. ‘Neuseeländische Waagen gehen wohl ein bisschen anders’, meinte Claudia augenzwinkernd.

Wir bekamen unsere Sprunganzüge, schlüpften rein und dann kamen auch schon unsere Tandemmaster Danny Overeem, der mit mir sprang und Duncan Campbell, der den Sprung mit Claudia absolvieren sollte. Duncan hatte einige Zeit in Niederbayern gelebt und sprach sogar deutsch, oder das, was man in Niederbayern deutsch nennt.

Es folgten alle notwendigen Checks, und mir fiel auf, dass jeder, auch die Tandemmaster und die zusätzlichen Springer, die für Videos und Fotos zuständig waren immer von mindestens zwei Personen kontrolliert wurden. Und natürlich wurden auch unsere Anzüge und Gurte mindestens zweimal von verschiedenen Personen überprüft. Das gab einem schon ein gewisses Gefühl von Sicherheit.

Ich fragte Danny, wie viele Sprünge er denn schon gemacht hat und er meinte: ‘Ungefähr 3.000.’ Auf meine anschließende Frage erzählte er mir, dass man in Neuseeland für den Tandemmaster mindestens 750 Freifallsprünge benötigt, bei Taupo Tandem Skydiving mindestens 1.000 Freifallsprünge. Ich habe mal gegoogelt, was in Deutschland so erforderlich ist und die Zahl 500 Freifallsprünge gefunden.

Irgendwie war ich überhaupt nicht richtig nervös und ich fragte mich, wann denn das blöde Gefühl kommt, gerade am falschen Platz zu sein. Wir stiegen nacheinander in die kleine Cessna Caravan, immer ein Tandemmaster und der Passagier dazu. Claudia saß mit Duncan direkt vor mir. Und dann ging’s los.

Schnell hoben wir ab und es ging steil nach oben, die Häuser und Autos wurden immer kleiner. Als wir 5.000 Fuß (1650 m) Höhe erreicht hatten erklärte mir Danny, das sei die Höhe, wo er den Fallschirm öffnet.

In 12.000 Fuß sollten die ersten Tandem aussteigen, ein Tandemmaster mit Passagier und ein Tandemmaster in Ausbildung, der den Chef der Springer vor sich auf den Bauch geschnallt hatte. Das mit dem Azubi und dem Chef hatte mir Danny noch am Boden erzählt. Der Azubi war wohl etwas aufgeregt und hat vor dem Ausstieg vergessen, sein Visier vom Helm zu schließen und so flog ihm das Ding vom Kopf, kaum, dass die beiden aus der Luke waren.

‘Na servus’, dachte ich mir, ‘wenn das Teil jemand auf den Schädel bekommt, wenn es runterfällt!’ Um es vorwegzunehmen: als wir wieder auf dem Boden waren sah der Azubi irgendwie nicht gerade glücklich aus. Vermutlich hat er einen entsprechenden Einlauf vom Chef bekommen.

Die Luke ging wieder zu nachdem die vier ausgestiegen waren und wir stiegen weiter, bis wir unsere Zielhöhe erreicht hatten. Wir Passagiere setzten die Sauerstoffmasken ab, die wir bei ca. 8.000 Fuß angelegt hatten, setzten die Lederhelme auf und zogen die Schutzbrillen an. Claudia und ich klatschten uns nochmal ab. Der Höhenmesser zeigte 15.500 Fuß an.

Der Foto- und Videospringer schob sich aus der geöffneten Luke und hing so, dass er den Ausstieg von Duncan und Claudia aufs Bild bringen konnte. Die beiden rückten an die Luke, ein letztes Bild, der Fotograf ließ los und war weg, gleich darauf waren auch Duncan und Claudia aus der Luke verschwunden.

Danny und ich waren die nächsten, auch unser Videomann hing in der Luke, das Exit-Foto, den Kopf nach hinten, die Hände an das Gurtzeug und dann:

WOOOOOOOOOOOOWWWWW!!

 

Im letzten Moment war er dann doch noch da, der Moment wo ich mir dachte: ‘Verdammt, was machst Du hier eigentlich?’ Scheiße, das war richtig hoch! Zum Glück hatte Danny am Boden noch gesagt, brüll ruhig wenn Du möchtest, ich kann Dich eh nicht hören. Und ich kann Euch sagen, ich habe gebrüllt.

War das geil! Mit über 200 km/h ging es dem Boden entgegen, Martin unser Videomann kam immer wieder vorbei, Daumen hoch, High Five! 60 Sekunden dauerte der freie Fall, dann gab Danny dem Kameramann das Signal, dass er jetzt öffnet und zog die Reißleine.

Und dann schwebten wir ungefähr fünf Minuten dem Boden entgegen. Machten ein paar Kringel und Kurven und Danny überließ mir tatsächlich für kurze Zeit den Schirm zum Steuern (er hatte die Hände aber über mir wahrscheinlich trotzdem noch dran).

Die Landung war perfekt auf den Punkt, ich umarmte Danny und dankte ihm für diesen tollen Sprung, dann fielen Claudia und ich uns in die Arme: wir haben es getan! Miteinander!

Nachdem wir die Fotos und Videos angesehen und bezahlt hatten ging es mit dem gelben Stretch-Hummer wieder zurück in die Stadt zur iSite, wo wir, vermutlich immer noch ziemlich adrenalinberauscht, in unseren Camper stiegen und zum Great Lake Holiday Park Taupo fuhren und unseren Stellplatz für die Nacht buchten.

Danach machten wir uns nochmal auf den Weg und sahen uns die Huka Falls an. Der Waikato ist Neuseelands längster Fluss und fließt normalerweise gemächlich und auf bis zu 100 Metern Breite vom Lake Taupō gen Norden. Kurz vor den Huka Falls muss das Wasser allerdings durch eine enge Schlucht aus hartem Vulkangestein – in etwa so, als würde das Wasser durch einen engen Feuerwehrschlauch gepresst.

Und zum Abschluss genehmigten wir uns ein Bad im heißen Wasser des Otumuheke Stream, der sich mit dem Waikato River vermischt. Dort war ziemlich Betrieb, denn die heißen Wasser sind ein beliebter Badeplatz für Einheimische und Touristen.

Tour 30: Tongariro Holiday Park – Turangi – Taupo, 77,34 km

Tag 29: Tongariro Alpine Crossing

Und wieder läutete der Wecker um 05:30 Uhr! Irgendwas machen wir im Urlaub falsch.

Aber so blieb uns genügend Zeit, um einen Müsliriegel und ein Glas Fruchtsaft als Frühstück zu nehmen und uns fertig zu machen, denn um 06:30 fuhr der Busshuttle, der uns zum Mangatepopo Carpark brachte, dem Startpunkt des Tongariro Alpine Crossing. Und diesmal war uns der Wettergott hold, anders als bei unserem ersten Versuch im Jahr 2014.

Nach 30 Minuten Fahrt über eine unbefestigte Straße erreichten wir den Carpark, wo auch schon einiges los war. Dass wir nicht alleine sein werden, war uns schon klar gewesen, aber wir waren dann doch ein wenig überrascht über die Anzahl derer, die diese Tageswanderung in Angriff nehmen wollten.

Wieder mal gab es die unterschiedlichsten Auffassungen darüber, was die richtige Ausrüstung für so ein Unterfangen ist. Von Sneakers über Turn- zu Bergschuhen, von Jeans über Hot Pants zu Trekkinghosen, alles war vertreten. Mit und ohne Rucksack, mal mit Leinen-, mal mit Turnbeutel. Von der Halbliterflasche Wasser bis zu dreieinhalb Litern war alles dabei. Die morgendliche Temperatur von ca. 10°C wurde durch den Wind noch etwas frischer, hielt aber viele nicht davon ab, in kurzen Hosen und T-Shirt zu starten.

Ich sollte zum besseren Verständnis vielleicht erwähnen, dass es entlang des Tracks außer Toiletten in regelmäßigen Abständen nichts gibt um etwaige menschliche Bedürfnisse zu erfüllen: keine Wasserstation und schon gar keine Einkehrmöglichkeit. Und dass die Strecke 19,4 Kilometer beträgt, in alpinem Gelände.

Vom Start bis Soda Springs (1 Stunde leichter Weg)

Das erste Teilstück führte entlang des Mangatepopo Stream auf der Rückseite des Mt Ngaruahoe, der Filmfans als Schicksalsberg oder Mount Doom aus Herr der Ringe bekannt ist.

Von Soda Springs zum Südkrater (1 Stunde harter Anstieg)

Die erste Herausforderung wartete nach der ersten Toilettenpause. Darauf wurde ich übrigens auch in der Toilette hingewiesen (siehe Bild). Langsam einen Fuß vor den anderen setzen war die Devise. Dabei das Atmen nicht vergessen und auch noch die tolle Aussicht genießen, denn die Morgensonne erhob sich langsam über die Gipfel. Dieses Stück wird auch als Devil’s Staircase, also Teufelstreppe bezeichnet. Oben angekommen hatten wir den Eingang des South Crater erreicht.

Südkrater zur Basis des Grats zum Roten Krater (15 Minuten einfacher Spaziergang)

Hier angekommen hatten wir den Point of no return erreicht. Spätestens hier muss die Entscheidung gefallen sein, ob man die komplette Tour weitergeht, oder umkehrt. Wir gingen weiter und durchquerten die fast mondähnliche Landschaft des Südkrater im Angesicht des Mt Ngaruahoe.

Grat des Roten Kraters (30 Minuten schwieriger Anstieg)

Das Teilstück vom Südkrater über den Grat zum Roten Krater ist das steilste Stück des Tracks. Hier war Aufmerksamkeit gefordert, denn zu beiden Seiten des Grats ging es steil bergab. Da der Wind auch ziemlich heftig wehte, war es manchmal etwas schwierig, den richtigen Halt oder festen Stand zu finden. Aber alles in allem war es weniger anstrengend, als das Geröllfeld am Mt Taranaki. Aber der Ausblick entschädigte für die Mühen. Auf der einen Seite der weitläufige Südkrater, auf der anderen Seite die Auswirkungen der vulkanischen Tätigkeit.

Gipfel des Roten Kraters bis zu den Emerald Lakes (15 Minuten leichter Abstieg)

Hier hatten wir den höchsten Punkt unserer Route erreicht. Da der Vulkan aktiv ist, gab es hier den ein oder anderen “heißen Stuhl”, sprich heißen Stein zum Sitzen und Brotzeitmachen. Wir sind nach einer kurzen Fotopause jedoch weitergegangen um die Emerald Lakes in ihrer ganzen Schönheit ausgiebig zu bewundern. Fast sehen die Seen aus, wie mit künstlichen Farben eingefärbt. Dem Namen nach natürlich vorherrschend Smaragdgrün, aber auch Azurblau. Und im Hintergrund konnte man von hier auch schon den Blue Lake sehen.

Der Abstieg wird zwar als leicht bezeichnet, ist aber aufgrund des losen Gerölls nicht ohne. Wir waren ziemlich froh um unsere Trekkingstöcke, wegen derer wir anfangs von einigen wohl milde belächelt wurden. Spätestens hier rächte sich die verkehrte Schuhwahl.

Von den Emerald Lakes zum Blue Lake (20 Minuten einfacher Spaziergang)

Das Teilstück von den Emerald Lakes zum Blue Lake ist unspektakulär, was die Herausforderung angeht, aber dennoch sehenswert wegen der Landschaft. Es geht flach durch einen Kessel mit einem kleinen Anstieg am Ende. Der Blue Lake ist der größte, der Seen im Vulkan und hat seinen Namen natürlich von der Farbe.

Vom Blue Lake zum Ketetahi Shelter (1 Stunde einfacher Abstieg)

Von hier ging es durch das Rotopaunga Tal in Richtung Nordflanke mit dem Unterstand Ketetahi Shelter. In vielen, vielen Serpentinen zog sich der Weg schier endlos, bis wir endlich angekommen waren. Wie Ameisen sah man die Menschen auf dem Track dem Unterstand zustreben, während auf der gegenüberliegenden Bergflanke Rauchsäulen aufstiegen, Zeugnis der nach wie vor aktiven geothermischen Tätigkeit unter der Erde.

Vom Ketetahi Shelter zum Ketetahi Carpark (2 Stunden langer Abstieg)

Wir hatten nur kurz Pause gemacht, um die Kamera wieder in den Rucksack zu packen und die Trekkingstöcke wieder in die Hand zu nehmen. Der folgende zweistündige Abstieg zog sich dahin wie Kaugummi. Zunächst ging es an der Bergflanke entlang, über unzählige Treppen nach unten, bis das Gebüsch am Wegesrand immer höher wurde und am Ende schließlich in Regenwald überging.

Doch selbst da dauerte es nochmal eine gute Stunde, bis wir aus dem dunklen Grün wieder herauskamen und uns ziemlich kaputt aber glücklich abgeklatscht haben.

I did the crossing! steht auf den Armbändern, die wir am Morgen als Fahrkarte für den Shuttle zurück zum Camp erhalten hatten. Und ja, wir haben es geschafft. Es war im  Großen und Ganzen wie erwartet, allerdings waren die letzten beiden Teilstücke für mich schon ziemlich nervig: es ging eigentlich ständig bergab, nur manchmal von kurzen Anstiegen unterbrochen.

Zurück im Camp wartete das Bier im Kühlschrank und wir haben erst mal drauf angestoßen! Anschließend kümmerte sich Claudia um die Wäsche, wir gingen duschen und dann kamen die Burger auf den Gasgrill des Camps.

Tour 29: Tongariro Alpine Crossing, 19,4 km

Tag 28: Er hat uns bezwungen

Etappe: Stratford – Tongariro Holiday Park

05:30 Uhr ist irgendwie schon eine sehr unchristliche Zeit, vor allem im Urlaub! Um leichter wach zu werden hatten wir am Vorabend die hinteren Vorhänge des Campers nicht zugezogen. War eh egal, da hinter unserem Bus nur eine Hecke war. Aber gebracht hatte es irgendwie nicht viel, das Aufstehen war deshalb nicht leichter und wir wurden trotzdem vom Wecker geweckt, nicht von der Morgensonne.

Das Frühstück war ziemlich spartanisch: eine Dose Cola Zero für jeden und ein Marmeladenbrot. Das musste reichen. Wir hatten ausreichend Essen und Getränke für die Tour dabei und auch genügend Pausen eingeplant.

Wir machten uns auf den Weg zum North Egmont Visitor Centre, dem Ausgangspunkt unserer Tour auf den Mt Taranaki. Als wir dort ankamen, bot sich uns ein Bild, das wir schon mal gesehen haben: ein junger Mensch in DOC-Klamotten begrüßte uns und wir hielten ein bisschen Smalltalk. Dabei stellten wir fest, dass nicht nur die Welt ein Dorf ist, sondern auch Neuseeland.

Jake, so hieß der junge Mann, der für das Department Of Conservation hier die Besucherumfragen machte, fragte uns natürlich, was wir denn bisher so alles gemacht haben. Als wir den Key Summit Track erwähnten, meinte er: ‘Ach, dann habt ihr bestimmt meine Kollegin Chelsea gesehen, die dort arbeitet.’ Wir erzählten ihm dann, dass wir sie nicht nur gesehen, sondern uns auch ganz gut mit ihr unterhalten hatten.

Auf die Frage, wie er den Tag für die Tour einschätzte, meinte er: ‘Seems pretty good today, you possibly can make it to the top in four and a half hours. You both look pretty good equipped.’ Wir begannen also unseren Aufstieg um 07:20. Die erste Teilstrecke führt auf einem Bretterweg durch dichten Regenwald, bis man an eine Art Hütte kommt. Dorthin führt auch noch eine geteerte Fahrstraße, die allerdings mit einer Schranke versperrt ist. Vermutlich nur für geführte Gruppen oder sowas.

Von dort aus ging es dann auf einer unbefestigten Fahrstraße von Beginn an kräftig bergauf. Zu Anfang noch im Regenwald, der sich nach ca. einer halben Stunde lichtete. Die Straße wechselte von grobem, faustgroßem Schotter zu zwei betonierten Fahrstreifen und auch die Steigung nahm deutlich zu. Der betonierte Weg hatte immer zwischen 25% und 30% Steigung, und so ging es die nächste halbe Stunde weiter. Das war nicht ohne!

Als der Fahrweg aufhörte hatten wir die Mobilfunkstation am Mt Taranaki erreicht und bis zum Ziel des ersten Abschnittes, der Tahurangi Lodge waren’s nur noch ein paar Höhenmeter, die zum Teil auf Holztreppen, die als Weg dienten zurückgelegt wurden. Dieser erste Abschnitt sollte der leichteste Teil der Tour sein.

An der Lodge haben wir die erste Rastpause eingelegt, seit dem Start war eine Stunde und zehn Minuten vergangen. Wir waren ziemlich flott unterwegs, die Richtzeit war mit 1,5 bis 2 Stunden angegeben.

Ab hier ging es dann auf Holztreppen und zwischen großen Gesteinsbrocken fast in direkter Linie nach oben. Auf der ganzen Tour gibt es, außer für den Fahrweg so gut wie keine Serpentinen, der Weg folgt in der Regel der Falllinie! Und wir wären froh um die 30% Steigung vom Anfang gewesen!

Immer wieder standen am Wegesrand Hinweistafeln, die zum Überprüfen des Wetters und der eigenen Verfassung aufriefen:

  • Ist das Wetter in Ordnung? Ja / Nein
  • Fühlst Du Dich fit genug weiterzugehen? Ja / Nein
  • Wenn Du eine dieser Fragen mit “Nein” beantwortet hast, dreh um!

Nachdem wir das zweite Teilstück durch das Gestein hinter uns gebracht hatten, begann mit dem Treppensteig der dritte Teil. Über unzählige Holzstufen führen viele Treppen immer weiter in Richtung des Gipfels. Mittlerweile waren gut zwei Stunden vergangen. Am Ende dieses Abschnitts folgte auch wieder das Hinweisschild mit den beiden Fragen.

Jetzt könnte man meinen, dass sich die Wanderer und Bergsteiger für so eine Tour ja entsprechend vorbereiten, aber dem ist leider nicht so. Nach Aussagen des DOC ist der Mt Taranaki Summit Track eine der am meisten unterschätzten Touren und es kommt immer wieder zu gefährlichen Situationen wegen falscher Ausrüstung, zu wenig Proviant oder fehlender Erfahrung.

Und nach den Treppen ging das Geröllfeld (Scree) los. In gerader Linie nach oben, über Lava-Geröll, das so lose ist, dass die Füße nur sehr schwer einen festen Tritt finden und man meist für einen Schritt nach vorne zwei zurück machte. Das zehrte an der Kondition und war extrem nervig.

Und so war es dann auch nach zwei Dritteln des Geröllfeldes klar, dass wir nicht mehr weitergehen. Vor allem mental machte das Geröll zu schaffen. Die Anstrengung war mittlerweile so groß, dass ein Aufstieg bis auf den Gipfel bedeutet hätte, dass oben alle Kraftreserven verbraucht gewesen wären. Und dabei ist der Gipfel ja nur die halbe Strecke, was viele immer vergessen, denn der Weg nach unten ist ja nicht minder anstrengend, denn die gleichen Herausforderungen warten ja nochmal.

Wir drehten also um und machten uns an den Abstieg. Wer die einzelnen Streckenabschnitte nachvollziehen möchte, kann sich gerne den folgenden Film ansehen:

Im Nachhinein betrachtet, war es wohl die richtige Entscheidung, auch wenn uns noch einige entgegenkamen, die bei weitem schlechter ausgerüstet waren, als wir und auch von der Verfassung her nicht den besten Eindruck machten. Aber das Wetter änderte sich jetzt im Minutentakt, mal knallte die Sonne runter und gleich darauf zogen Wolken durch, die auch Regen mitbrachten. Dazu kam immer wieder heftiger Wind.

Wir wurden, als wir uns mit zwei aufsteigenden Bergsteigern unterhielten, von zweien überholt, die vom Gipfel kamen. Sie meinten, wir hätten nicht unbedingt was versäumt, die Sicht war nicht so toll, auch wenn von unten der Gipfel klar zu sehen war.

Als wir wieder an der Lodge ankamen, wurde erst mal der Rest der Brotzeit vertilgt. Zeit hatten wir genug, denn es regnete eh gerade. Nachdem wir dann noch den Fahrweg hinter uns gebracht hatten – der bergab deutlich unangenehmer zu gehen war, als bergauf, haben wir uns im Visitor Center erst mal eine Tasse Tee gegönnt.

Wir baten Jake, dass er Chelsea unbedingt schöne Grüße ausrichten soll und haben ihm die Adresse des Blogs gegeben und auch den Link zu dem Beitrag, wo ihr Foto eingestellt ist. Zum Schluss haben wir auch noch mit Jake ein Foto geschossen.

Da wir früher, als erwartet wieder am Camper waren, entschieden wir uns, anschließend gleich bis zum Tongariro Holiday Park durchzufahren und nicht, wir ursprünglich vorgesehen, irgendwo im Verlauf des Forgotten World Highway (der State Highway 43 heißt tatsächlich so) zu übernachten.

So kamen wir nach 2014 auch wieder in der Republik Whangamomona durch, die am 19. Januar ihre Präsidentschaftswahlen abhält. Wir dürften als Bürger der Republik zwar wählen, sind aber an dem Tag schon nicht mehr hier. Und außerdem hatten wir unsere Pässe nicht dabei. Egal, sie werden auch ohne unsere Stimmen einen würdigen Präsidenten finden.

Die Fahrt auf dem Forgotten World Highway ist immer ein Erlebnis und ein Tipp für jeden, der in der Gegend ist.

In Taumarunui hatten wir dann endlich wieder Handyempfang und riefen gleich im Camp an, um zu fragen, ob überhaupt noch Platz ist. ‘Wenn ihr genug Geld habt, hab ich genug Platz’, meinte Greg, der Besitzer scherzhaft, und gab uns noch den Tipp in Taumarunui einzukaufen, da sonst bis zum Camp keine Möglichkeit mehr ist.

Wir kamen noch rechtzeitig zum Check-In, bevor die Rezeption geschlossen wurde und buchten auch gleich die Tour für den nächsten Tag: das Tongariro Alpine Crossing. Die Wettervorhersage ist gut und wir sind zuversichtlich, dass wir die Tour diesmal gehen können. Anders als 2014.

Tour 28: Stratford – North Egmont Visitor Centre – Stratford – Whangamomona – Taumarunui – National Park – Tongariro Holiday Park, 304,38 km

Tag 27: Auf zum Vulkan

Etappe: Wellington – Stratford

Am vorhergegangenen Abend wurde uns wieder mal deutlich bewusst, warum Wellington den Beinamen “Windy City” hat. Mein lieber Mann, der Blasius hat ganz schön gearbeitet. Dan erzählte uns gestern auch noch, dass bei ihnen am Berg auch Windgeschwindigkeiten von 140 km/h keine Seltenheit sind. Als die Trampolins in den Vorgärten modern wurden ist öfter mal eines in den Stromleitungen hängen geblieben, weil es nicht am Boden verankert war.

Dennoch hat der Wind irgendwann mitten in der Nacht aufgehört und es war total ruhig. Nicht mal den Verkehr des nahen State Highway 1 hatten wir gehört, bis wir um viertel vor acht aufwachten.

Wir absolvierten das übliche Morgenprogramm und machten uns auf den Weg zu unserer ersten Station des Tages: in Otaki, ca. 65 km nördlich von Wellington, gibt es einen Icebreaker Outlet Shop. Da war erst mal shoppen angesagt. Und dass es Sonntag war, hat hier nichts zu bedeuten, der Laden machte trotzdem um 10:00 auf.

Ich breite den Mantel des Schweigens über die nächsten zwei Stunden, die wir in dem Laden verbracht haben. Nur so viel: Beryl, die Verkäuferin, meinte anfangs, was wir denn gerne hätten und wir meinten: ‘Am besten alles!’. Und gerade eben beim Schreiben habe ich ein Deja vu, ich meine, die Situation hatten wir in Auckland auch schon mal.

Sei’s wie’s ist, unsere Koffer waren beim Hinflug ja eh noch nicht am Gewichtslimit, beim Rückflug könnte es aber durchaus knapp werden. Vielleicht muss das ein oder andere (alte) Teil dann doch in NZ bleiben. Aber keine Angst, mit altes Teil meine ich weder Claudia noch mich.

Als wir uns schweren Herzens aber dafür mit umso leichterer Kreditkarte losgeeist hatten, ging es weiter auf dem State Highway 1 in Richtung Norden, bis wir in Sanson auf den Highway 3 in Richtung Osten abbogen. In Whanganui (manchmal auch Wanganui geschrieben, keine Ahnung, was da richtiger ist), haben wir unseren Mittagssnack gegessen. Ich hab mir in der Freßmeile ein Subway Sandwich gegönnt, Claudia hatte asiatische Eiernudeln mit Rindfleisch.

Freßmeile deshalb, weil an der Straße gefühlt für 500m an beiden Seiten ein Restaurant oder Schnellimbiss nach dem anderen stand. Von asiatisch über türkisch zu irisch war da alles vertreten und die Auswahl war riesengroß. Vor dem Sandwich-Laden war eine Konstruktion aus Holz mit mehreren Tischen und Bänken, die ‘Our Little Park’ genannt wurde, dort haben wir es uns bequem gemacht.

Ganz witzig war auch eine Communications machine, die dort installiert war. Mit einem grünen Knopf schaltete man das Ding ein und es begann ein Tonband zu laufen, das verschiedene Anweisungen gab. Dann konnte man einzelne Fragen, die auf einer Art Glücksrad angebracht waren, beantworten. Kommunikation einfach gemacht.

Nachdem wir gestärkt waren ging es weiter Richtung Osten, mit einem Fotostopp in Patea. Dort steht eine Skulptur in Form eines Waka, eines Maori-Kanu, das von zwei Familien 1923 im Angedenken an ihre Vorfahren errichtet wurde. Und dann bekamen wir ihn zum ersten Mal zu Gesicht: den Mount Taranaki oder Mount Egmont, wie er von James Cook genannt wurde, bevor er wieder seinen ursprünglichen Namen erhielt.

Der Mt Taranaki ist ein fast perfekter Vulkankegel, 2.518 m hoch, und liegt im Egmont National Park, der weiterhin den Namen des 2. Earl of Egmont – der übrigens nie etwas mit Neuseeland zu tun hatte – trägt. Der letzte Ausbruch datiert auf das Jahr 1854.

In Stratford, der Shakespeare-Stadt am Fuße des Mt Taranaki haben wir im Holiday Park unseren Stellplatz für die Nacht gefunden und bereiten uns auf unsere morgige Tour vor, den Mount Taranaki Summit Track. Da die Tour mit insgesamt acht bis zehn Stunden angegeben ist, werden wir zeitig in die Federn schlüpfen, denn der Wecker läutet morgen recht früh.

Tour 27: Wellington – Otaki – Saison – Whanganui – Havel – Stratford, 305,03 km

Tag 26: Besuch bei Bekannten

Etappe: Wellington

Der Flugbetrieb am Wellingtoner Flughafen ist zwischen Mitternacht und 06:00 eingestellt, das hieß in der Zeit herrschte Ruhe am Evans Bay Marina Carpark. Und ganz ehrlich: wir haben schon an ruhigeren Orten schlechter geschlafen, als hier.

Das Tagesprogramm sah vor, dass wir zunächst in die City zum Frühstücken wollten, danach mussten wir noch ein paar Mitbringsel für die Bucketts besorgen, bei denen wir am Nachmittag zum BBQ eingeladen waren. Anschließend stand ein Besuch des Shops von Weta Cave in Miramar, wo viele der Requisiten der Herr der Ringe- und Hobbit-Filme hergestellt wurden, auf dem Programm. Und danach, weil es auf dem Weg lag, wollten wir zum Flughafen und uns die Skulpturen von Gandalf mit den Adlern und Smaug ansehen, die im Abflugbereich installiert sind. Aber eins nach dem anderen.

Im New World holten wir uns einen Cappuccino und ein paar Sandwiches und nahmen unser Frühstück auf den Holzterrassen hinter dem Te Papa Museum ein, mit Blick auf die Wellington Waterfront.

Ein Geschäft zu finden, wo wir für die beiden Jungs etwas Altersgerechtes zum Spielen fanden, erwies sich als schwieriger, als gedacht. Wir waren fast zwei Stunden unterwegs. Gut, ein bisschen Klamotten stöbern war auch mit dabei.

Nachdem die Pflicht erledigt war, machten wir uns auf, auf die Halbinsel Miramar zur Weta Cave zu fahren. Dort waren wir auch schon 2014 im Rahmen unserer Lord of the Rings Tour. Ich war gespannt, was sich in der Zwischenzeit alles verändert hat. Es stellte sich heraus, dass die Trolle vor dem Eingang immer noch da waren, wenn auch etwas anders aufgestellt. Ebenso war das Innere des Shops ein bisschen umgestaltet, aber im Großen und Ganzen war alles noch fast genauso wie damals. Gekauft haben wir nichts, das war auch nicht der Plan, sondern lediglich ein paar Erinnerungsfotos geschossen.

Bevor wir zum Flughafen weitergefahren sind, habe ich sicherheitshalber einen der Angestellten der Weta Cave gefragt, ob denn die Skulpturen immer noch dort seien. Als er dies bestätigte machten wir uns auf den kurzen Weg von fünf Minuten.

Die von Weta Workshop geschaffenen Abbilder der Adler mit Gandalf und des Drachen Smaug sind beliebte Fotomotive im Flughafengebäude uns so mussten wir ein bisschen warten, bis wir unsere Fotos so schießen konnten, wir wir es wollten, also ohne irgendwelche asiatischen Unbekannten mit drauf.

Nachdem alles erledigt war, fuhren wir dann zu unserer nächsten Übernachtungsstätte, dem Capital Gateway Motor Inn. Dieses Camp liegt an der Ausfallstraße von Wellington in Richtung Norden, unserem nächsten Ziel näher als Evans Bay. Außerdem war Ngaio,  das auch ein bisschen außerhalb von Wellington liegt und und wo Nikki, Dan, Sean und Tobi wohnen, von dort aus besser zu erreichen.

Dazu nahmen wir den Vorortzug, der uns in 45 Minuten inklusive Fußweg vom Camp zu unserem Ziel brachte.

Wir hatten ein traditionelles Kiwi Backyard BBQ, mit allem, was so dazugehört. Mit BYO, also Bring Your Own, was soviel bedeutet, wenn Du etwas bestimmtes magst, bring es Dir einfach mit, mit Spareribs, Chicken Kebap, Maiskolben, Lachs, Rinderfilet, Salat, Käse mit Crackern, Rote Bete, natürlich Bier und als Nachspeise natürlich Pavlova, das traditionelle neuseeländische Dessert.

Die Pavlova ist eine mit Sahne und Früchten gefüllte Torte aus einer Baisermasse, die sowohl in Neuseeland, als auch in Australien als Nationalgericht angesehen wird. Beide Länder beanspruchen die Erfindung der Süßspeise für sich. Fest steht, dass die Torte nach der russischen Ballerina Anna Pavlova benannt wurde, die Ende der 1920er Jahre in beiden Ländern Gastauftritte hatte.

Neben tollem Essen hatten wir viele interessante Gespräche, viel zu lachen und erfuhren viel über Neuseeland und die neuseeländische Lebensart. Wenn die vier ihre nächste Europa-Tour starten erwarten wir sie in München. Gegen viertel vor elf waren wir dann ziemlich satt und vollgegessen an unserem Camper und ein ereignisreicher Tag neigte sich dem Ende zu.

Tour 26: Wellington – Wellington, 24,04 km

Tag 25: An expected journey

Etappe: Picton – Wellington

Unsere Eincheckzeit war mit 09:45 angegeben, da wir aber früh genug ohne Wecker wach wurden, waren wir bereits früher an der Warteschlage zur Fähre. Wobei Schlange etwas übertrieben ist, wir waren die Nummer 22 der eingecheckten Fahrzeuge. Zuvor hatten wir jedoch nochmal die Annehmlichkeiten der Küche des Parklands Marina Holiday Park genutzt und genossen in Ruhe unser Frühstück mit Cappuccino, Toast und Joghurt.

Wir hatten ja im Wai-natur Camp mit Karen und Patrick besprochen, dass wir uns vielleicht an der Fähre treffen und hielten in der Reihe der wartenden Fahrzeuge Ausschau nach ihrer dunkelblauen Toyota Limousine. Und prompt sahen wir die beiden zwei Reihen neben unserer Wartereihe stehen. Winken, rufen und den Treffpunkt an der Bar der Fähre nach dem Boarding auszumachen war schnell erledigt. Die weitere Wartezeit vertrieben wir uns mit Lesen, da waren unsere Kindle wieder mal sehr nützlich.

Um 10:45 sollte die Fähre ablegen und um 10:37 standen wir noch immer vor der Hochrampe über die wir in den Bauch des Schiffes fahren sollten. Ich hatte genügend Zeit staunend zu beobachten, wie Eisenbahnwaggons in dem riesigen schwarzen Loch am Heck der Fähre verschwanden. Dass wir auf unserer Fahrt gemeinsam mit Motorrädern, PKWs, LKWs und Sattelschleppern an Bord sein würden, war mir bewusst, mit ganzen Zügen hatte ich jedoch nicht gerechnet.

Als wir dann endlich losfahren durften, wurden wir von den Lademeistern entsprechend eingewiesen und kaum, dass wir unseren Camper geparkt hatten und wir vom Ladedeck 3 auf das Passagierdeck 4 gegangen waren, sahen wir auch schon, wie sich das Land auf der Seite der Fähre nach hinten schob: wir hatten abgelegt. Zwischen dem Aussteigen aus dem Camper und dem Ablegen vergingen keine drei Minuten, es war mittlerweile 11:02 Uhr.

Das Wetter war herrlich, fast windstill, die See im Picton Sound war glatt und ruhig. Nachdem wir bei der letzten Überfahrt ziemlich durchgeschüttelt wurden, waren wir gespannt, wie es diesmal sein würde. Vorweggenommen: es war wie ein ganz, ganz leichtes Schaukeln in einer Hängematte. Also fast gar nicht.

Wir trafen Karen und Patrick wie besprochen an der Bar und beschlossen, uns ein Bier zu holen und uns auf das Außendeck in Ebene 5 am Bug der Fähre zu setzen. Und dort blieben wir, bis wir in Wellington ankamen. Zwischendurch ein paar Fotos – ich fragte ganz frech einen Mann mit toller Canon-Ausrüstung, der den Eindruck machte, er weiß, was er tut, ob er von uns vieren ein paar Bilder machen könnte. Hat er gerne gemacht.

Die dreieinhalb Stunden Überfahrt vergingen wie im Flug, abwechselnd erzählten wir gegenseitig unsere Urlaubserlebnisse und -pläne und vereinbarten, dass, wenn wir in Tauranga sind, wir uns bei ihnen melden und wir uns nochmal treffen. Sie wollten auch mal nach Deutschland kommen und wir haben sie natürlich eingeladen, uns in München zu besuchen. Mal sehen, ob es klappt.

In Wellington angekommen fuhren wir direkt auf den Freedom Campervan Park an der Evans Bay Marina. Wie die meisten anderen Camps auch, hatten wir diesen Platz ebenfalls in der CamperMate App gefunden. In Wellington sieht es generell mit Parkmöglichkeiten für Campervans über Nacht leider nicht sehr gut aus.

Den Wellington Waterfront Motorhome Park, den wir bei unserem letzten Besuch im Jahr 2014 genutzt hatten, gibt es leider nicht mehr, dort steht jetzt ein tolles neues, glänzendes Bürogebäude. Schade, denn die Lage direkt an der Waterfront und die sanitären Einrichtungen waren wirklich gut.

Egal, für eine Nacht war das kostenlose Campen an der Marina auch in Ordnung, zumal dort auch Toiletten waren. Wo findet man das schon bei uns, dass auf einem Parkplatz eigens Toiletten für die Camper bereitgestellt sind, und das ganze auch noch sauber ist und nichts kostet. Dafür fährt aber am Abend auch der Security Dienst durch und kontrolliert, ob die Camper auch nur auf der freigegebenen Stellfläche stehen. Denn es ist nur ca. ein Viertel der gesamten Parkplatzfläche auch tatsächlich von der Stadtverwaltung für das Freedom Camping freigegeben.

Uns war es einerlei, wir hatten unseren Platz und machten uns zu Fuß auf den Weg auf den Mount Victoria, der direkt hinter dem Parkplatz anstieg. Von dort oben hatten wir einen tollen Ausblick auf die verschiedenen Stadtteile und außerdem kannten wir das Gelände bereits: dort hatten wir vor vier Jahren unsere Lord of the Rings-Movie Location Tour mit den Drehorten der Szenen, als sich die Hobbits vor dem schwarzen Reiter unterhalb des großen Baumes versteckten. Oder als Frodo und Sam an einem Baum Rast machten kurz bevor sie Merry und Pippin trafen.

Nachdem wir auf der anderen Seite des Mount Victoria hinuntergestiegen sind, trennte uns nur noch ein kleiner Fußmarsch von der City. Dabei kamen wir auch am Embassy Theatre vorbei, einer Wellingtoner Institution. Das Kino ist quasi die Heimat von Der Herr der Ringe. Hier fanden 2001 und 2002 die Ozeanien-Premieren der ersten beiden Teile und 2003 sogar die Weltpremiere des dritten Teils, Die Rückkehr des Königs, statt.

Bei einer hilfsbereiten Wellingtonerin erkundigten wir uns noch nach den öffentlichen Verkehrsmitteln, bevor wir uns in Mac’s Brewbar in der Shed 22 niederließen und uns mit hausgebrauten Bieren und gutem Essen stärkten. Wir genossen den fast windstillen frühen Abend und sahen den Wasserspringern am Wharf Jump zu, die mutig in das nicht gerade saubere Wasser des Hafenbeckens sprangen. Immerhin gibt es dort eine Dusche und eine Umkleidemöglichkeit.

Das hat dann wohl auch dazu geführt, dass auf einmal einer der Gäste der Brewbar kurzerhand aufsprang, sich das T-Shirt vom Leib riss, auf den Sprungturm stieg und hinunter sprang. Anschließend streifte er sich das T-Shirt wieder über und setzte sich, als ob nichts geschehen wäre, wieder an den Tisch zu seinen Freunden. Crazy Kiwis eben.

Tour 25: Picton – Wellington, 110,55 km

Tag 24: Der Eine Ring

Etappe: Sunrise Valley – Picton

Der Morgenhimmel im Nelson Sun Club war zwar eher bedeckt, aber es war warm, so dass wir es zum Frühstück gut ohne Klamotten aushalten konnten. Nachdem wir fertig waren packten wir unsere Siebensachen und machten uns auf den Weg nach Havelock.

Allerdings machten wir in Nelson einen Zwischenstopp, der es in sich hatte. Als Herr der Ringe Fan wusste ich natürlich, dass in Nelson der einzig wahre, weil originale Hersteller des einen Rings beheimatet ist: der Goldschmied Jens Hansen fertigte exklusiv alle Ringmodelle für die Herr der Ringe Filme, sowie für die Hobbit Filme. Da musste ich einfach vorbeischauen.

Ich habe lange hin  und her überlegt, bin aber dann doch schwach geworden und so begleitet mich der eine Ring auf meinem weiteren Weg, natürlich stilecht mit der dazugehörigen Kette, die Frodo um den Hals trug. Ja, man kann das Zeug auch im Internet kaufen, aber direkt beim Originalhersteller, das ist halt was anderes. Und als kleiner Kompromiss wurde es “nur” die Variante in Sterlingsilber, denn für die Echtgold-Version hätten wir unseren Urlaub verkürzen müssen und das wollte ich Claudia dann doch nicht antun.

Aber, das ist der Bonus, wenn man direkt dort einkauft, es gab ein kleines Zuckerl obendrauf: wir durften den größten Ring, der für die Filme gefertigt und natürlich auch verwendet wurde, in den Händen halten. Dazu wurden uns die Szenen gezeigt, in denen genau dieser Ring zum Einsatz kam. Das war schon sehr besonders und sowas bekommt man im Internet halt nicht.

Nachdem der Geldbeutel wieder etwas schmaler war, sind wir weitergefahren, um in Havelock die berühmten Greenshells (Green Lip Mussels) zu essen. Zuvor kamen wir noch an der Pelorus Bridge vorbei, an der auch Szenen aus den Hobbit-Filme gedreht wurden. Wir waren ja 2014 schon mal da und waren fast alleine dort. Diesmal war vor lauter Autos kein Parkplatz zu bekommen! Also lautete die Devise: weiterfahren.

In unseren Reiseführern gab es zu den Muscheln zwei Empfehlungen: das Slip Inn oder The Mussel Pot. Das erste liegt mit schöner Aussicht auf die Marina direkt am Hafen, hatte aber keine Muscheln. Also sind wir zum Muscheltopf gegangen und haben auch nach kurzer Wartezeit ohne Reservierung einen Tisch für zwei im Garten bekommen.

Die Muscheln waren lecker, wir hatten zwei verschiedene Varianten: in Tomaten-Chili-Kräuter-Sauce und in Weißwein-Sahne-Knoblauch-Sauce. Dazu gab es Knoblauchbrot. Aber außer den Muscheln hatte Havelock wenig sehenswertes.

Auf unserer weiteren Fahrt kamen wir noch an einem weihnachtlich  geschmückten Baum und Briefkästen an einer Grundstückszufahrt vorbei. Das war uns einen Fotostopp wert und da der Lookout gleich in der Nähe lag, haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Der Queen Charlotte Drive ist eine kleine, verwinkelte Straße, die sich an der Küste zwischen Havelock und Picton entlang schlängelt. Macht immens Spaß und manchmal wünschte ich mir ein Motorrad.

Kurz vor Picton hielten wir noch an einem Lookout, an dem wir 2014 ein tolles Bild vom Sound geschossen haben. Leider wurde der Platz mittlerweile weiter ausgebaut und die tolle Szenerie hat darunter gelitten. Ein Zaun blockiert nun den tollen Ausblick auf den Sound vor Picton.

Einen Stellplatz zu bekommen erwies sich dann etwas schwieriger, als gedacht: der Top 10 Holiday Park war restlos voll, so mussten wir 2 km weiterfahren und unser Glück im Parklands Marina Holiday Park versuchen. Als wir ankamen, standen schon drei Leute an der Rezeption und ich konnte hören, dass es schon problematisch war, einen Platz für ein kleines Zelt zu bekommen.

Aber zu unserem Glück hatte Claudia beim weihnachtlichen Baum zwei vierblättrige Kleeblätter gefunden und so bekamen wir den letzten Platz für Camper mit Stromversorgung, der noch frei war. Außerdem konnten wir uns noch Räder ausleihen und damit in den Ort fahren und essen gehen. Alles richtig gemacht!

Unser letzter Abend auf der Südinsel neigt sich dem Ende zu und wir freuen uns auf den nächsten Abschnitt unserer Reise.

Tour 24: Sunrise Valley – Richmond – Nelson – Havelock – Picton, 149,98 km

Tag 23: Wandern und Paddeln

Etappe: Marahau – Sunrise Valley

Die kombinierte Tour ging um 08:30 los, das hieß für uns der Wecker läutete um 07:00. Da wir aber vom Vortag so kaputt waren – nein, nicht vom Neujahrfeiern, sondern vom Paddeln gegen den Wind –  dass wir schon um 20:30 in den Federn lagen, war das überhaupt kein Problem. Ich war um viertel nach sechs wach und Claudia eine halbe Stunde später. Der Wecker hatte nichts zu wecken.

Mit insgesamt 19 Personen gingen wir auf die Gourmet Platter Tour. Und wieder mal gab es eine kurze Einweisung, Unterschriften und so weiter. Hatten wir ja schon ein paar mal. Dabei lernten wir Caro und Leo kennen, ein junges Paar aus Stuttgart, die in Richtung Süden unterwegs waren. Und gleich wurde der ein oder andere Tipp ausgetauscht, denn die beiden kamen von der Nordinsel und hatten zum Beispiel das Tongariro Alpine Crossing schon hinter sich. Und wir haben begeistert von Camp Glenorchy (heute “The Headwaters Eco Lodge”) und unserem Ausflug hoch zu Roß erzählt.

Es folgte die Essensausgabe, denn wir wurden für die Tour mit einem fetten Lunchpaket ausgestattet. Und dann ging es ab in den Bus, der uns zur Einstiegstelle für das Wassertaxi brachte. Das Schauspiel, wenn die Traktoren die Anhänger mit den Booten und den Passagieren darin ins Wasser fahren, ist etwas ganz besonderes. Da ist richtig Betrieb, das geht wie das Breznbacken.

Das Wassertaxi brachte uns dann in die Torrent Bay, von wo wir unsere Wanderung auf dem Abel Tasman Track starteten. Zwei Stunden und zehn Minuten stand auf den Wegweisern zu unserem Ziel Bark Bay. Inklusive Überschreitung der Falls River Hängebrücke, die ganz schön wackelte.

Der Track verläuft mehr oder weniger parallel zur Küstenlinie in Richtung Norden immer wieder durch den Regenwald aber auch mit ausgesetzten Streckenabschnitten, wo wir tolle Ausblicke auf die malerischen Buchten hatten. Plötzlich lief uns ein Weka, ein neuseeländischer Vogel auf dem Weg entgegen. Es dauerte einen Moment, bis wir bemerkten, dass er uns wohl von seinen Jungtieren ablenken wollte, die etwas unterhalb des Weges im Unterholz saßen.

In eine diese Buchten, die Sandfly Bay (wo dieser Name wohl herkommt?) steigen wir dann hinunter, da sie nur fünf Minuten vom Weg abzweigte und unsere restliche Strecke nur noch 30 Minuten dauern sollte. 12:30 Uhr war die Zielzeit zu der wir in der Bark Bay sein sollten, damit uns das Wassertaxi wieder aufnehmen und ein Stück zurück in südlicher Richtung bis zum Observation Beach bringen konnte.

Während der Fahrt sahen wir auf der Backbordseite des Wassertaxis (das ist die linke Seite in Fahrtrichtung, also in unserem Fall im Westen) Land und Claudia fragte den Kapitän, ob das die Nordinsel sei.

Plötzlich stoppte er das Boot, schaute in die Runde und fragte mit todernstem Gesichtsausdruck, ob Kiwis an Bord seien. Es meldete sich ein Paar und er fragte, woher sie kämen. Aus Hamilton (Nordinsel) lautete die Antwort. ‘Na gut’, meinte der Käptn, ‘das kann man vielleicht gerade noch als Kiwi durchgehen lassen!’ Er spielte damit auf die alte Rivalität zwischen Nord- und Südinsel an, nach der sich die Bewohner der Südinsel als Einwohner des Mainland, also der Hauptinsel bezeichnen.

Er sah Claudia an und deutete nach Steuerbord (wer vorher aufgepasst hat, weiß jetzt, dass das die rechte Seite des Bootes in Fahrtrichtung ist, in unserem Fall die Himmelsrichtung Osten) und meinte: ‘Irgendwo da ganz weit hinter diesen Hügeln und Bergen soll irgendwo noch ein Land sein, ich glaube, sie nennen es Australien. Da haben sie alles abgeladen, was giftig und gefährlich ist: Schlangen, Spinnen, Haie, Krokodile.’

‘Und hier’, er deutete nach Backbord, ‘wenn ihr hier über diese Hügel und Berge steigt, kommt ihr irgendwann nach Picton. Das sind die Berge der Marlborough Sounds. Und wenn ihr dann noch mal ins Boot steigt, soll irgendwann mal noch so eine Insel kommen, ich glaube, man nennt sie die Nordinsel. Auch nicht viel besser, als die andere Seite.’ Die ganze Geschichte erzählte er natürlich ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Wir haben sehr gelacht.

Am Observation Beach angekommen, wurden wir in drei Gruppen aufgeteilt. Wir waren mit einem amerikanischen Mädchen in einer Gruppe einem Guide zugeteilt. Da kam ein Teilnehmer einer anderen Gruppe und fragte unseren Guide, ob das Mädchen die Gruppe wechseln könnte, damit sie alle zusammen sind. Oli, unser katalanischer Guide besprach sich mit seinem Kollegen und prompt waren dann Caro und Leo bei uns und wir sind mit drei Kayaks losgezogen. Wir Paare jeweils in Zweierkayaks und Oli als Guide in einem Einsitzer.

Wir kreuzten zunächst zum gegenüberliegenden Adele Island – die Frau des französischen Kartographen, der die Gegend vermessen hat, hieß so – und konnten an der Nordspitze noch ein paar Seals beobachten, die sich dort auf den Felsen und im Wasser tummelten. Danach ging es wieder zurück auf die andere Seite des Astrolabe Kanals und wir fuhren die restliche Strecke zurück nach Marahau Beach.

Im Hooked Café genossen wir vier dann noch ein Abschlussbierchen und tauschten weitere Neuseelanderfahrungen aus. Leo wollte wissen, wie das mit der Sternenfotografie funktioniert und ich hab ihm, so gut ich konnte, erklärt, was er am besten machen muss, damit die Bilder was werden. Bei unserem Einkaufsstopp in Motueka sahen wir uns dann zufällig noch einmal auf dem Parkplatz des Supermarktes. Caro gab uns noch ihre Handynummer, damit wir unsere gemeinsamen Bilder austauschen konnten.

Dann machten wir uns auf den Weg in das 24 km entfernte Sunrise Valley, denn hier hatten wir in der Campermate App noch den Nelson Sun Club gefunden, ein weiteres FKK Camp, sogar mit 9-Loch Golfplatz dabei. Wir wurden herzlich begrüßt, alle powered sites waren zur freien Auswahl und so blieben wir gerne für die Nacht.

Unser erster Weg führte uns in die unlimierte heiße Dusche, die nach der ganzen Salzwasser-Plantscherei im Kayak sehr angenehm war. Danach verspeisten wir mit ein paar Bieren unser Sandwich aus dem Lunchpaket, denn wir hatten am Morgen im Hooked Café ein ebensolches zum Frühstück gegessen und die Teile sind so groß und ausgiebig, dass wir Mittags absolut noch keinen Hunger hatten. Nebenbei unterhielten wir uns mit den anderen Gästen (auch hier alles Kiwis, die meisten aus der näheren Umgebung).

Als es dann schon dunkel war, haben wir noch den Tipp der Camp-Chefin beherzigt und haben uns die Glühwürmchen angesehen, die entlang des kleinen Bachlaufs neben der Einfahrt leuchteten. Wir hatten ein paar Leuchtpunkte erwartet und wurden total überrascht: da waren tausende kleine Lichtpunkte, die da leuchteten, was ihr Körper hergab! Es gab nur ein Problem: wir konnten sie nicht fotografieren, also müsst ihr es einfach glauben.

Tour 23: Marahau – Kaiteriteri – Motueka – Upper Motuere – Sunrise Valley, 46,96 km

Tag 22: Mit dem Kayak im Abel Tasman Nationalpark

Die Neujahrsnacht war vergleichsweise unspektakulär, es gab zwar ein paar Raketen, aber im großen und ganzen sind die Leute im Camp in ihren Zelten oder Wohnmobilen gesessen und haben für sich getrunken und gefeiert.

Claudia und ich waren um Mitternacht am Strand, nachdem Claudia nach dem Gang zur Toilette meinte, der Sternenhimmel über dem Meer sei gigantisch. Die Fotoausrüstung gepackt und ab ging’s. Das Ergebnis gab es ja schon zu sehen.

Zuvor haben wir ganz gemütlich vor unserem Camper eine Flasche Wein geleert und ein bisschen gespielt, da wir ehrlich gesagt zu müde waren, um ins Park Café zu gehen.

Am Morgen war der erste Tag unserer Reise, an dem die Sonne durch die geöffnete Dachluke geschienen hat – auch eine tolle Variante, um aufzuwachen. Um halb zehn waren wir bei Marahau Sea Kayaks, um die gebuchte Kayaktour anzutreten. Wir haben uns für eine Tour auf eigene Faust entschieden.

Nach den obligatorischen Einweisungen und Erklärungen, wie man wieder ins Kayak kommt, wenn man es tatsächlich geschafft hat rauszufallen, konnten wir die Boote auf den Trailer laden und der Traktor zog den Hänger ins Meer. Ja, tatsächlich ins Meer, denn das ist da so flach, dass die Traktoren einfach reinfahren und ihre Ladung absetzen. Egal, ob Kayaks oder die Wassertaxis.

Und dann ging es los, an der Küste entlang das erste Stück des Abel Tasman Nationalparks. Die erste Strecke hatten wir heftigen Gegenwind, war also eine ziemliche Schinderei. Zurück nach zwei Stopps zum Essen und Fotografieren ging es dann entsprechend leichter.