Lese ich oder werde ich gelesen?

Häh? Was will er uns jetzt damit sagen, werden sich einige fragen. Des Rätsels Lösung ist so einfach wie auch ernüchternd: wie hier schon erwähnt, haben wir uns ja zum Kauf von zwei eBook-Readern entschieden um uns damit einen großen Teil an Gewicht zu sparen und gleichzeitig möglichst viel Lesestoff im Urlaub dabei zu haben. Nun ja, die Dinger sind gestern Abend geliefert worden. Und was gibt es für Technikfreaks schöneres, als neue Dinge auszupacken und damit herum zu spielen?

Die Einrichtung des einen Geräts – das andere gehört ja Claudia, die sich das Ding wahrscheinlich selbst einrichten möchte – ging relativ zügig vonstatten. Das Schwierigste war noch den Zugangscode für das WLAN einzutippen. Die Bedienung der “Tastatur” am Bildschirm mit dem Steuerkreuz ist, naja, sagen wir gewöhnungsbedürftig. Aber wer das günstigste Angebot der kindle Familie nimmt, darf sich nicht beklagen, dass es auch die wenigsten Features hat. War mir aber vorher bewusst, deshalb ist der Satz auch nicht als Beschwerde oder Jammern gedacht.

Alles in allem hat es ungefähr fünfzehn Minuten gedauert, bis ich das erste eBook lesen konnte. Sitzt, passt, wackelt und hat Luft!

Und genau da sitzt der Hase im Pfeffer: bei der Luft. Das Gerät ist nämlich so konzipiert, dass es ständig online ist, sobald ein geeignetes Funknetzwerk in Reichweite ist. Ist ja auch unheimlich komfortabel und benutzerfreundlich, wenn ein neues Buch – bei vorhandenem WLAN – sofort, d.h. innerhalb von 60 Sekunden auf dem Gerät ist und man mit dem Lesen beginnen kann.

Aber ich habe etwas gegen offene, unbewachte Haus- und Wohnungstüren – zumindest, wenn es meine eigenen sind, genauso wie ich etwas gegen elektronische Geräte habe, die fast unkontrolliert mit wem auch immer ihre (meine?) Daten austauschen. Denn dass das passiert schreibt Amazon ja sogar unter Punkt 3 in den Nutzungsbedingungen (Stand 24. Oktober 2012):

Erhaltene Informationen. Die Software stellt Amazon Daten über Ihren Kindle und dessen Interaktion mit dem Service bereit (z. B. verfügbarer Speicherplatz, Betriebszeit, Protokolldateien und Signalstärke). Darüber hinaus stellt die Software Amazon Informationen zu den digitalen Inhalten auf Ihrem Kindle und Unterstützen Geräten sowie zur Nutzung der digitalen Inhalte durch Sie bereit (z. B. zuletzt gelesene Seite und Archivierung von Inhalten). Informationen, die Sie Amazon zur Verfügung stellen, einschließlich Anmerkungen, Lesezeichen, Notizen, Markierungen oder ähnliche Kennzeichnungen, die Sie mit Ihrem Gerät oder Ihrer Lese-App vornehmen, können auf Servern außerhalb des Landes, in dem Sie leben, gespeichert werden. Markierungen können dafür verwendet werden, anderen Kindle Nutzern anonyme Informationen über die am häufigsten markierten Textstellen bereitzustellen. Die Verwendung und Nutzung Ihrer Markierungen und Notizen können Sie jederzeit durch Änderung der Standardeinstellungen auf Ihrem Gerät bestimmen. Die bei uns eingehenden Informationen unterliegen der Amazon.de Datenschutzerklärung. Die Übertragung persönlicher Informationen in Länder außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erfolgt, sofern dies der Fall ist, in Übereinstimmung mit der Amazon.de Datenschutzerklärung und in Übereinstimmung mit den geltenden Datenschutzgesetzen.
Quelle: https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200506200

Und was sind das für Daten und Informationen, die da weitergegeben werden? Die Electronic Frontier Foundation (EFF) zeigt auf  ihrer Webseite eine Übersicht für die verschiedensten eBooks. Auszugsweise hier mal die für den kindle zutreffenden Punkte, die ich ganz interessant finde:

  • Kann erfasst werden, was Sie lesen?
    Ja, es ist aber nicht genau bekannt, welche Informationen gespeichert werden. Auf jeden Fall wird gespeichert, welche Seite in welchem Buch betrachtet wurde.
  • Kann die Suche nach Büchern erfasst werden?Ja, es wird gespeichert, welche Produkte gesucht und betrachtet wurden. Die Informationen werden dem jeweiligen Amazon-Nutzerkonto zugeordnet. Die Suche innerhalb eines Buches erfordert die Anmeldung bei einem Benutzerkonto, zu dem auch Kreditkartendaten vorhanden sind.
  • Kann erfasst werden, welche Bücher sie gekauft haben?
    Ja, Amazon erfasst alle Bücherkäufe der Nutzer.
  • An wen können die Einzeldaten weitergegeben werden?
    Strafverfolgungsbehörden, Prozessparteien in Zivilprozessen, andere Amazon-Angebote
  • Können Daten ohne ausdrückliche Zustimmung des Nutzers für andere Zwecke weitergegeben werden?
    Ja, Nutzer können der Weitergabe ihrer Daten nur für bestimmte Werbezwecke per Opt-out (=bis zum ausdrücklichen Widerspruch) widersprechen.
  • Fehlen Möglichkeiten, damit Kunden die über sie gespeicherten Informationen einsehen, korrigieren oder löschen können?
    Teilweise, Nutzer können die Daten in ihrem Nutzerprofil einsehen und aktualisieren. Allerdings kann Amazon ältere Versionen der Daten weiter aufbewahren. Nutzer haben kein Recht, die Verlaufsinformationen ihrer Suchen und Käufe einzusehen oder zu löschen!

Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich möchte niemandem sein eBook schlecht reden oder vom Kauf eines eBooks abraten – ich habe die Dinger ja selbst auch bestellt und bin von der Funktionalität und der Handhabung sehr angetan. Allerdings sollte man sich ein wenig im Klaren sein, was dieser Computer – nichts anderes ist ein eBook Reader nämlich – so alles machen kann, wenn man ihn denn lässt.

Jetzt ist es nicht etwa so, dass ich irgendwelche, in unserem Rechtssystem verbotenen Bücher oder sonstige verwerfliche Dinge lesen würde oder irgendwie etwas an meinen Lesegewohnheiten zu verheimlichen hätte. Dennoch finde ich, dass es meine Sache ist, wie lange oder wie oft ich eine Seite lese, welche Stellen ich mir markiere und wie viele Bücher ich gleichzeitig lese. Und wenn ich solche Dinge jemandem erzählen möchte, dann mache ich das bewusst und möchte nicht Teil einer großen Datensammlung sein, aus der dann mein Nutzerprofil generiert wird.

Ja, ich weiß, dass es mehr Daten über mich auf irgendwelchen Servern gibt, als mir wahrscheinlich in meinem ganzen Leben bewusst sein wird. So naiv und weltfremd bin ich auch nicht. Aber man muss es den Jägern und Sammlern ja auch nicht zu leicht machen.

Wer also tapfer bis hierher durchgehalten hat und sich auch so seine Gedanken zu dem Thema macht, für den habe ich hier noch ein paar informative Links zu dem Thema:

Eine Antwort auf „Lese ich oder werde ich gelesen?“

  1. Servus,

    das klingt ja gar nicht gut. Ich spiele auch schon lange mit dem Gedanken. Habe mich jetzt aber endgültig gegen so ein Ding entschieden! Ist mir einfach nicht angenehm was da mit meinen Daten gemacht wird.

    Werde nun meine Entscheidung über Facebook, Whatsapp, auf meinem IPad und IPhone der Wert mitteilen.

    Danke Achim, da hab ich nochmal Glück gehabt! ;-)

    Viele Grüße
    Warsteinix

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