Tag 27: Auf zum Vulkan

Etappe: Wellington – Stratford

Am vorhergegangenen Abend wurde uns wieder mal deutlich bewusst, warum Wellington den Beinamen “Windy City” hat. Mein lieber Mann, der Blasius hat ganz schön gearbeitet. Dan erzählte uns gestern auch noch, dass bei ihnen am Berg auch Windgeschwindigkeiten von 140 km/h keine Seltenheit sind. Als die Trampolins in den Vorgärten modern wurden ist öfter mal eines in den Stromleitungen hängen geblieben, weil es nicht am Boden verankert war.

Dennoch hat der Wind irgendwann mitten in der Nacht aufgehört und es war total ruhig. Nicht mal den Verkehr des nahen State Highway 1 hatten wir gehört, bis wir um viertel vor acht aufwachten.

Wir absolvierten das übliche Morgenprogramm und machten uns auf den Weg zu unserer ersten Station des Tages: in Otaki, ca. 65 km nördlich von Wellington, gibt es einen Icebreaker Outlet Shop. Da war erst mal shoppen angesagt. Und dass es Sonntag war, hat hier nichts zu bedeuten, der Laden machte trotzdem um 10:00 auf.

Ich breite den Mantel des Schweigens über die nächsten zwei Stunden, die wir in dem Laden verbracht haben. Nur so viel: Beryl, die Verkäuferin, meinte anfangs, was wir denn gerne hätten und wir meinten: ‘Am besten alles!’. Und gerade eben beim Schreiben habe ich ein Deja vu, ich meine, die Situation hatten wir in Auckland auch schon mal.

Sei’s wie’s ist, unsere Koffer waren beim Hinflug ja eh noch nicht am Gewichtslimit, beim Rückflug könnte es aber durchaus knapp werden. Vielleicht muss das ein oder andere (alte) Teil dann doch in NZ bleiben. Aber keine Angst, mit altes Teil meine ich weder Claudia noch mich.

Als wir uns schweren Herzens aber dafür mit umso leichterer Kreditkarte losgeeist hatten, ging es weiter auf dem State Highway 1 in Richtung Norden, bis wir in Sanson auf den Highway 3 in Richtung Osten abbogen. In Whanganui (manchmal auch Wanganui geschrieben, keine Ahnung, was da richtiger ist), haben wir unseren Mittagssnack gegessen. Ich hab mir in der Freßmeile ein Subway Sandwich gegönnt, Claudia hatte asiatische Eiernudeln mit Rindfleisch.

Freßmeile deshalb, weil an der Straße gefühlt für 500m an beiden Seiten ein Restaurant oder Schnellimbiss nach dem anderen stand. Von asiatisch über türkisch zu irisch war da alles vertreten und die Auswahl war riesengroß. Vor dem Sandwich-Laden war eine Konstruktion aus Holz mit mehreren Tischen und Bänken, die ‘Our Little Park’ genannt wurde, dort haben wir es uns bequem gemacht.

Ganz witzig war auch eine Communications machine, die dort installiert war. Mit einem grünen Knopf schaltete man das Ding ein und es begann ein Tonband zu laufen, das verschiedene Anweisungen gab. Dann konnte man einzelne Fragen, die auf einer Art Glücksrad angebracht waren, beantworten. Kommunikation einfach gemacht.

Nachdem wir gestärkt waren ging es weiter Richtung Osten, mit einem Fotostopp in Patea. Dort steht eine Skulptur in Form eines Waka, eines Maori-Kanu, das von zwei Familien 1923 im Angedenken an ihre Vorfahren errichtet wurde. Und dann bekamen wir ihn zum ersten Mal zu Gesicht: den Mount Taranaki oder Mount Egmont, wie er von James Cook genannt wurde, bevor er wieder seinen ursprünglichen Namen erhielt.

Der Mt Taranaki ist ein fast perfekter Vulkankegel, 2.518 m hoch, und liegt im Egmont National Park, der weiterhin den Namen des 2. Earl of Egmont – der übrigens nie etwas mit Neuseeland zu tun hatte – trägt. Der letzte Ausbruch datiert auf das Jahr 1854.

In Stratford, der Shakespeare-Stadt am Fuße des Mt Taranaki haben wir im Holiday Park unseren Stellplatz für die Nacht gefunden und bereiten uns auf unsere morgige Tour vor, den Mount Taranaki Summit Track. Da die Tour mit insgesamt acht bis zehn Stunden angegeben ist, werden wir zeitig in die Federn schlüpfen, denn der Wecker läutet morgen recht früh.

Tour 27: Wellington – Otaki – Saison – Whanganui – Havel – Stratford, 305,03 km

Erst mal ankommen …

… und dann sehen wir weiter. So ungefähr hatten wir uns das gestern Abend auch noch gedacht, als wir ins Bett gegangen sind. Durch die 12-stündige Zeitverschiebung  zwischen München und Auckland – in der Seitenleiste werden  während unseres Aufenthaltes in Neuseeland die beiden Uhrzeiten zum Vergleich angezeigt – waren wir gar nicht mal so müde, wie es zum Schlafen eigentlich notwendig gewesen wäre, aber es ging dann doch.

Für den Morgen war dann erst mal ein gemütlicher Kaffee im Zimmer angesagt. Wir hatten ein Appartementzimmer, d.h. eine komplette Küche und alle anderen Annehmlichkeiten, wie z.B. Waschmaschine und Trockner waren im Zimmer vorhanden. Das hat Claudia dann auch gleich ausgenutzt und die Klamotten vom Flug gleich gewaschen und in den Trockner geworfen. Praktisch, denn so starten wir in Neuseeland quasi mit 100% frischer Kleidung ohne Schmutzwäsche von der Anreise.

Der nächste Gang führte uns zum Vodafone-Laden wo wir uns für unsere Handies jeweils eine Travel-SIM geholt haben. Und da gerade Weihnachtszeit war, haben wir uns für das Season-Special für $59,- NZD entschieden, das sind ca. 35,- EUR, anstatt $99,- NZD. 60 Tage Laufzeit, 10GB mobile Daten, 200 SMS und Freiminuten nach Deutschland.

Tja, und dann gab es da diesen Moment gestern Nacht, als wir mit dem Bus vom Flughafen zum Hotel gefahren sind, diesen einen kurzen Moment, in dem wir uns angesehen haben und beide beinahe gleichzeitig meinten: “Hast Du den Icebreaker Laden gesehen?”.

Zur Erklärung: Icebreaker ist ein neuseeländischer Hersteller von Funktions- und Outdoorbekleidung, deren Hauptbestandteil Merinowolle ist. Was ist daran so besonders? Merinoschafe leben in den neuseeländischen Alpen in extremen Wetterbedingungen zwischen eisiger Kälte und sengender Hitze. Das leichte und atmungsaktive Fell hält die Schafe im Sommer bei Temperaturen von bis zu +30°C kühl. Und im Winter werden die Tiere durch das Winterfell, welches über dem Unterhaar wächst, gegen Temperaturen von bis zu -10°C geschützt.

Lange Rede kurzer Sinn: ein idealer Rohstoff für Funktionsbekleidung. Aber leider auch nicht ganz günstig. Trotzdem aus unserer Sicht jeden Cent wert.

Zurück zum Thema: wir mussten heute also unbedingt in diesen Shop. Und was machen Mann und Frau wenn sie Jet-Lag haben und unausgeschlafen sind? Shoppen gehen. Nach der Begrüßung – und der obligatorischen Frage, wo wir denn herkommen – meinte Winnie, die Verkäuferin, was wir denn genau suchen, sie haben im Laden das gesamte Sortiment. DAS war das Stichwort.

“Einmal von da nach da für mich”, sagte Claudia und deutete auf die Wand mit den Damenartikeln. “Und ich nehme das von da drüben”, meinte ich daraufhin und deutete auf das gegenüberliegende Warenregal mit den Herrenklamotten. Ganz so schlimm wurde es dann zum Glück für unsere Urlaubskasse aber doch nicht, wir haben uns zusammengerissen und nur ein paar Sachen gekauft.

Auf dem Weg zum Vodafone-Laden und zu Icebreaker sind uns viele Leute mit Elektro-Kickboards zum Ausleihen aufgefallen. Die Firma Lime hat ein Verleihnetz aufgebaut, das wie die verschiedenen Fahrrad-Mietsysteme bei uns funktioniert: registrieren, App laden, Barcode des Fahrzeugs über die App scannen, losfahren, am Ende das Fahrzeug abstellen und über die App wieder zurückgeben. Abgerechnet wird $1 pro Ausleihvorgang und $0,15 pro Minute. Für die Stadt absolut cool.

Bei uns natürlich unvorstellbar: die Leute fahren auf der Straße, dem Fußgänger- und Radweg mit bis zu 28 km/h, ohne Helm, kreuz und quer. Geht alles, wenn gegenseitig Rücksicht genommen wird.

Wir waren ca. 80 Minuten unterwegs, haben also stolze $25 NZD “verfahren”, aber wir hatten einen Heidenspaß. Niemand schimpft, niemand hupt oder beschwert sich! Wie wir bei unserem letzten Besuch schon festgestellt haben: die Kiwis sind wohl das entspannteste Volk der Erde.

Wir haben die Scooter dazu benutzt, vom Hafen auf Auckland’s Hausberg, den Mount Eden, zu fahren. Dieser “Berg” ist ein zum Auckland Volcanic Field gehörender ruhender Vulkan, in dessen 196 Meter hohem Gipfel sich ein 50 Meter tiefer, grasbewachsener Krater befindet. Er befindet sich ca. fünf Kilometer südlich des Stadtzentrums und ist die höchste natürliche Erhebung im Stadtgebiet. Diese Tatsache beschert den Besuchern einen tollen Rundblick über die Stadt.

Als wir wieder zurück am Hafen waren, war dann der Hunger nicht mehr zu überhören und wir sind zu Dr. Rudi’s Rooftop Brewery gegangen, um unseren Hunger und Durst zu stillen. Wie der Name schon vermuten lässt, liegt diese Hausbrauerei im obersten Stockwerk eines Hauses am Viaduct Harbour. Von der Terrasse hatten wir einen tollen Blick über das Hafenbecken auf das Wynyard Quarter und die North Wharf.