Tag 35: Wo sich Ozeane treffen

Etappe: Whangarei – Tapotupotu Campsite

Nochmal ein langes Stück Weg lag vor uns, als wir pünktlich um 10:00 aus dem Whangarei Top 10 Holiday Park losfuhren. Zuvor gab es zum Frühstück dank der gut ausgestatteten Camp-Küche einen Schinken-Käse-Toast zum Morgenkaffee.

Unser Weg führte uns auf dem State Highway 1 bis das Navi wieder meinte, abbiegen zu müssen. Gut, nachdem ich mich bis jetzt immer darauf verlassen hatte, dass es schon passen wird, was mir die nette Stimme aus dem Kasten erzählt, bogen wir links ab. Die Straße hieß Jordan Valley Road und war genauso einsam und verlasen, wie das Tal des Jordan vermutlich tatsächlich ist.

Aber ehrlich gesagt ist mir eine einsame, kleine Straße lieber, als eine eintönige, viel befahrene Schnellstraße. Und landschaftlich hatte dieses Teilstück wirklich was zu bieten. Nach einigen Kilometern bogen wir dann bei Hukerenui wieder in den SH 1 ein, dem wir dann bis Kawakawa folgten.

Dort befindet sich eine öffentliche Toilette, die nach den Entwürfen des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser erbaut wurde. Und mittlerweile wird hinter der Toilettenanlage an einem Hundertwasser-Park gebaut.

Bei unserem letzten Besuch konnten wir gegenüber der Hundertwassertoilette einen Kunstgarten besichtigen, der im Stil von Hundertwasser angelegt wurde. Leider hat ein Erdrutsch diesen Garten großteils zerstört, so dass er geschlossen wurde. Durch das Gitter konnten wir noch die von den Wänden gebrochenen Fliesenplatten sehen.

Als wir auf unserem weitern Weg in die Ortschaft Kaitaia kamen und eine große Tafel zur Begrüßung am Ortseingang sahen, waren wir schon etwas überrascht: neben Haere mai, dem Maorigruß und Welcome to stand dort nämlich auch Dobro došli, die kroatische Version von Herzlich willkommen. Neuseeland ist immer wieder für Überraschungen gut.

Vor Kaitaia kamen wir an eine meiner Lieblingsstrecken in Neuseeland: die Mangamuka Gorge Road. Diese Straße ist Teil des SH 1, aber so viele Kurven hintereinander lassen das Herz des Motorradfahrers einfach schneller schlagen. Was gäbe ich dafür, da mal mit dem Motorrad fahren zu können. Alles zusammengerechnet bin ich diese Straße in zwei Urlauben hier nun schon viermal gefahren und es hat jedesmal einen Heidenspaß gemacht – auch im Camper!

In Kaitaia füllten wir auch wieder mal unsere Lebensmittelvorräte auf, da wir kein Brot mehr hatten und noch etwas Obst brauchten. Für das Abendessen haben wird dann eine Packung Bratwürste mitgenommen, die auf dem Grill landen sollten.

Und weiter ging es in Richtung Cape Reinga, immer nach Norden. Die Landschaft hatte mich etwas überrascht, ich hatte mit mehr Sand und etwas kargerer Landschaft gerechnet. Es war aber im Gegenteil sehr grün, mit vielen Weideflächen und weitläufiger, als ich angenommen hatte. Mein Bild im Kopf war eher eine lange, schmale und flache Landzunge, wo man von einer Küstenseite zur anderen sehen kann. Der nördlichste Teil Neuseelands ist aber sogar ziemlich hügelig.

In der CamperMate App hatte ich bei der Vorplanung schon mal eine DOC Campsite nahe des Cape Reinga gefunden, genauer gesagt, war es die am nächsten zum Cap gelegene Campingmöglichkeit. Allerdings mit dem Nachteil, dass es halt nur Plätze ohne Strom gibt und keine heißen Duschen.

Bei unserer Planung für den Tag haben wir uns jedoch am Vortag entschieden, dass wir bis zum Cape fahren, unsere Fotos machen und dann wieder zurück in südlicher Richtung, bis zum ersten Camp mit Stromanschluss. So weit die Planung.

Als wir am Abzweig zur Tapotupotu Campsite waren, meinte ich, wir könnten den Platz ja trotzdem mal ansehen. In den Bewertungen bei CamperMate wurde der Platz als sehr schön beschrieben, allerdings mit vielen Moskitos. Als wir dort ankamen, erstaunte mich, dass jemand vom DOC einen festen Posten vor Ort besetzte und nicht wie sonst üblich, die Campgebühren auf Vertrauensbasis mit Selbstregistrierung entrichtet werden.

Cape Reinga Coastal Walkway

Claudia fragte die Dame, wie lange der Fußweg zum Cap dauert und bekam als Antwort: ‚Eineinhalb Stunden, einfach‘. Es war zu dem Zeitpunkt kurz vor halb vier Nachmittags. Langer Rede kurzer Sinn, wir stellten unseren Camper ab, zogen unsere Schuhe an, packten die Rucksäcke und marschierten los.

Zunächst ging es kurz über den Strand der Bucht, wo wir parkten, dann führte der Weg für eine gute halbe Stunde steil entlang der Küstenlinie auf den Klippen bergan. Rechts ging es fast senkrecht nach unten ins Meer, auf der linken Seite tiefes Buschwerk. Immer wieder blieben wir stehen, um Fotos von den tollen Ausblicken zu machen. Als wir den höchsten Punkt erklommen hatten, ging es für eine Viertelstunde wieder ziemlich steil bergab, bis wir in die Sandy Bay, eine weitere Bucht, kamen, die bei Flut nicht ohne nasse Füße erreicht werden kann. Wir hatten zum Glück Ebbe bei Hin- und Rückweg.

In der Sandy Bay trafen wir unter einem Baum eine Wanderin, die vom Cape Reinga her kam und gerade ihren Sonnenschutz auffrischte. Sie fragte uns nach der Zeit, die wir vom Camp gebraucht hatten. Wir antworteten ihr, dass wir genau 50 Minuten unterwegs seien was sie ziemlich erstaunte, denn auf dem Schild am Cap steht 3 Stunden. Wir sagten dann, dass gleiche auf dem Schild am Camp steht, aber wir der Meinung sind, dass das die Zeitangabe für Hin- und Rückweg sein muss.

Sie sagte dann, dass sie vom Cape in die Bucht zwanzig Minuten gebraucht hat, es wäre nur noch den Berg hoch, dann stünde da schon der Leuchtturm. Wir bedankten uns und marschierten weiter und nach knapp zwanzig Minuten steilem Anstieg waren wir oben. In insgesamt einer Stunde und zwanzig Minuten waren wir am Leuchtturm angekommen und genossen die tolle Aussicht.

Cape Reinga ist der Ort, an dem nach dem alten Maoriglauben die Seelen der Verstorbenen das Land verlassen. Und es ist der Ort, an dem sich zwei Ozeane treffen: die Tasmanische See und der Pazifik. Und das ist sogar ganz deutlich zu sehen, denn die Wellen prallen tatsächlich gegeneinander!

Da wir auf dem Rückweg nur eine Steigung und dafür zwei Abstiege zu bewältigen hatten, waren wir sogar etwas schneller, als auf dem Hinweg: in einer Stunde und fünf Minuten inklusive Fotopausen waren wir wieder am Camp. Für eine Strecke von zehn Kilometern gar nicht mal so schlecht.

Im Camp war mittlerweile richtig Betrieb und wo wir zunächst ziemlich frei gestanden hatten reihte sich jetzt Wagen an Wagen. Neben uns zwei Münchnerinnen, die gerade grillten und sich mit einem fränkischen Paar daneben unterhielten.

Bei uns gab es dann die zuvor eingekauften Bratwürste vom Grill, das wohlverdiente Bier dazu und wir genossen den Sonnenuntergang. Vielleicht wird die Nacht sternenklar, dass ich nochmal versuchen kann, den Sternenhimmel zu fotografieren.

Tour 35: Whangarei – Kawakawa – Kaitaia – Tapotupotu Campsite, 270,34 km

 

Cape Reinga Coastal Walkway, 5,08 km einfache Strecke

Tag 5: Aufwachen am Ninety Mile Beach

Etappe: Ahipara – Haruru Falls – Waitangi – Kawakawa – Orewa – Piha

Good Morning New Zealand!

So, oder ähnlich fühlte ich mich, als ich heute morgen aus dem Fenster sah: blauer Himmel, ein paar Wolken, aber vom gestrigen Regen keine Spur mehr. Also kurz die Morgentoilette erledigt und dann mit Fotoapparat bewaffnet an den nahegelegenen Strand. Was heißt hier Strand? DER Strand, der Ninety Mile Beach liegt im Licht der aufgehenden Sonne vor uns. Der Wind pfeift, dass es eine wahre Freude ist, entsprechend rollen die Wellen an den Strand.

Ein Kuriosum in Neuseeland, das so ungeheuer auf die Erhaltung der Umwelt bedacht ist, ist die Tatsache, dass es überhaupt keinen Gedanken daran gibt, warum über den Strand nicht mit dem Auto gefahren werden sollte. Fürsorglich wie die Behörden sind, haben sie jedoch den Strand zur Tempo 30 Zone erklärt und empfehlen die Verwendung von Allradfahrzeugen. Aber wehe, Du kippst einen Tropfen Spülwasser irgendwo hin. Fast möchte man Obelix und seine Römer zitieren.

Nachdem wir am gestrigen Tag die Gravel Road wieder verlassen hatten, haben wir übrigens die wahrscheinlich genialste aller, mir bekannten Straßen befahren, zumindest, wenn man so wie wir, Motorrad fährt. So eine Aneinanderreihung von Kurven in so kurzen Abständen habe ich selbst in den Alpen und auf Korsika nicht gefunden. Ach ja, für diejenigen, die mal hinfahren möchten: es handelt sich um ein ca. 15 km langes Teilstück des State Highway 1, und zwar zwischen der Iwitaua Road und der Raetea North Camping Site. Einfach nur genial!

Über einen kurzen Abstecher zu den Haruru Falls und Waitangi, wo Claudia unbedingt in den Pazifik musste – es war sichtlich kalt – sind wir dann weiter nach Kawakawa gefahren. Dort in der Stadt befindet sich die Hundertwasser-Toilette. Eine öffentliche Toilettenanlage, die vom österreichischen Avantgardekünstler Friedensreich Hundertwasser geplant und in Zusammenarbeit mit einem lokalen Künstler erreichtet wurde. Schön anzusehen und auch zweckmäßig, denn sie funktioniert auch wirklich – ich habe es probiert.

Der ganz Ort hat sich dann an diese Art von Kunst drangehängt und so findet man an jeder Ecke irgend etwas, das entfernt nach Hundertwasser aussieht. Wir haben uns die steinerne Bank gegenüber der Toilette ausgesucht, um dort unseren kurzfristig mitgenommenen Chinese Takeaway zu verspeisen. Ganz schön banal, aber es hat geschmeckt. Die andere Straßenseite ist ja auch weit genug von der Toilette weg, man sieht sie nur, man riecht nix, keine Angst. Auch die Installation “Amazespace” gehört zu den Trittbrettfahrern des Hundertwasser-Sch…hauses, ist aber eigentlich ganz witzig gemacht, auch wenn wegen eines Erdrutsches nur ein ganz kleiner Teil geöffnet war.

Auf dem weiteren Weg zu unserem Etappenziel Piha konnten wir noch einen genialen Blick über Auckland genießen, ehe wir nach einer kleinen Weile auf der Scenic Route, einer ehemaligen Kutschenstrecke der Aucklander, den Ausblick auf Piha und den Lion Rock hatten. Im Piha Camp Ground haben wir dann unser Lager aufgeschlagen und uns das Feierabendbier gegönnt. Leider war uns ein schöner Sonnenuntergang nicht vergönnt, da es insgesamt zu diesig war.

Am nächsten Tag ging es weiter zum Hot Water Beach auf der Coromandel Halbinsel.

Tour 2: Ahipara – Piha, 402 km