Tag 11: Mit dem Fahrrad durch die Schlucht

WTF? Schon wieder mal überrascht uns der Wecker am Morgen. Okay, halb acht ist jetzt nicht unbedingt die Zeit, um im Urlaub aufzustehen, aber am Vorabend waren wir wirklich nicht zu spät im Bett.

Egal, wach werden und abholbereit zu sein, war die Devise. Und das ganze möglichst in der nächsten Stunde. Pünktlich um halb neun kam Peter von Trail Journeys angefahren und wir luden die Räder in das Auto. Ja richtig gelesen: in das Auto. Es war ein Toyota Hiace, ein Rad kam hinter die letzte Sitzbank, das andere hinter die Fahrersitzbank und wir dazwischen auf die mittlere Bank und schon ging los zum Roxburgh Dam.

Während der 40 km langen Fahrt konnten wir die tolle und überwältigende Landschaft bewundern und an einigen Teilstücken konnten wir auch schon den Trail entdecken, auf dem wir dann zurück in Richtung Alexandra radeln würden.

Ach ja, das Wetter: es war grau, aber ohne Regen. Die Temperaturen hätten ein bisschen angenehmer sein können, aber mit Bewegung sollte das schon klappen. Im Großen und Ganzen also ok. Da war es auch nicht weiter schlimm, dass ich die Sonnencreme im Camper vergessen hatte. Peter meinte, wir bräuchten keine, die Sonne käme heute nicht durch. Wenn ein Local das sagt vertrauen wir ihm einfach mal.

Am Ausstiegpunkt angekommen meinte Peter, dass er hier noch nie Leute abgesetzt hat und noch nie da war. Ich meinte, dann hätten wir ja was gemeinsam. Die Räder ausgeladen, ein paar Fotos vom Damm und vom Kraftwerk geschossen und schon ging es los.

Das erste Teilstück zeigte uns gleich mal, wo der Bartl den Most holt. Ich hatte das Streckenprofil zum Glück gestern schon auf dem Flyer gesehen und wusste, dass es am Anfang kräftig nach oben geht. Claudia war etwas überrascht davon und ihre Flüche am frühen Morgen waren weder jugendfrei noch druckreif. Zum Glück waren wir alleine auf der Strecke.

Auf einem toll angelegten Trail ging es abwechselnd bergauf und bergab, immer entlang des River Clutha, dessen Wasserspiegel mittlerweile, seit dem Bau des Dammes im Jahr 1956, ca. 30 m höher ist, als zuvor.

Von der Strecke selbst ist weiter wenig zu berichten, deshalb gibt es einfach ein paar mehr Bilder.

Am Ende des ersten Teilstücks, dem Shingle Creek, angekommen, sahen wir erstaunt auf die Uhr: 10:14! Das hieß, wir hatten noch eindreiviertel Stunden Zeit, bis wir mit dem Wassertaxi  abgeholt werden würden. Da war die Planung sehr großzügig ausgelegt. Aber als ich mich an die Einweisung vom Vortag erinnerte, verstand ich wieder, warum die Leute so reichlich kalkulieren. Es gibt wahrscheinlich genügend Leute, denen werden die zweieinhalb Stunden für die 13 Kilometer zu knapp.

So hatten wir viel Zeit für Fotos und Videos. Die GoPro war mit dabei und wir haben die verschiedensten Einstellungen und Szenen gefilmt. Mal sehen, was das dann am Ende ergibt.

Als um 12 noch immer kein Boot in Sicht war, habe ich mal auf den Ausdruck der Buchung geschaut und da stand doch tatsächlich, dass man eine viertel Stunde vor Abholung nochmal bei Laurence von Clutha River Cruises anrufen sollte. Tja, das habe ich übersehen, wer liest ist klar im Vorteil. Blöd nur, dass dann bei meinen Anrufversuchen nur seine Mailbox dran ging und wir immer wieder Verbindungsabbrüche hatten, sprich wir saßen in einem Funkloch.

Um halb eins versuchte ich dann Denise von der iSite zu erreichen um sie zu bitten, Laurence zu kontaktieren. Aber auch diese Gespräche wurden ständig wegen des fehlenden Netzes unterbrochen. Schließlich schrieb sie mir eine SMS, in der sie sagte, wir sollten uns keine Sorgen machen, sie kümmert sich drum.

Fünf Minuten später die nächste Nachricht, dass nun zwei Boote unterwegs seien, um uns abzuholen. Eines reicht doch für uns, antwortete ich, im übrigen geht’s uns gut, wir warten dann halt, bis jemand kommt.

Um viertel nach eins kamen dann kurz hintereinander die beiden Boote an, Laurence als zweiter. Wir hatten zuvor beschlossen mit dem ersten, der kommt mitzufahren, was wir dann auch taten. War auch kein Problem für die beiden. Laurence meinte nur, er hätte gar keine Buchung erhalten, aber das ließe sich ja klären.

Die Räder verladen, Anorak, Mütze und Schwimmweste angelegt und schon enterten wir das Jetboot. Am Anfang gab es eine kurze Einweisung: am Handgriff – der übrigens beheizt war! – festhalten, nicht die Hände rausstrecken, sitzenbleiben, und die Frage, ob wir einen Threesixty machen möchten? Und ab ging es! Und ja, natürlich wollten wir die 360° Drehung mit dem Boot.

Auf der Strecke zum Doctor’s Point bekamen wir die verschiedenen geologischen Besonderheiten des Flusstals erklärt, ebenso wie die Geschichten aus der Goldgräberzeit, als an den Ufern des Clutha Goldsuchern aus aller Welt, auch viele chinesische Auswanderer aus Australien, ihr Glück versuchten. Die Reste ihrer Behausungen, einfache Höhlen im Fels, die mit aufgeschichteten Steinen als Mauern zugebaut waren, konnten wir vom Wasser aus gut erkennen.

Am Doctor’s Point angekommen folgte dann noch der Spin um die eigene Achse. Mit etwas Anlauf wirbelte das Boot einmal rundherum, bis wir wieder in Fahrtrichtung waren. Coole Sache!

Nachdem wir angelegt und die Räder ausgeladen hatten, verabschiedeten wir uns, wünschten noch frohe Weihnachten und machten uns auf die dritte Teilstrecke unseres Trails. Dieses Stück verlief im Gegensatz zum ersten Teil, sehr moderat, mit wenigen Steigungen. So ging es in gemütlichem Tempo auf Alexandra zu, das wir nach gut einer Stunde erreicht hatten.

Am Morgen hatten wir mit Peter vereinbart, dass wir die Räder selbst nach Clyde, zum Sitz von Trail Journeys bringen, wenn uns dafür jemand zurück nach Alexandra fahren kann. Kein Problem, Kiwis sind da sehr entspannt. Auch, dass wir die Räder ja schon am Vortag bei uns hatten, war kein Problem.

Also fuhren wir zuerst bei unserem Camper vorbei und packten die Taschen mit dem Proviant und den Getränken aus und machten uns auf dem Weg, um auf einem Stück des Otago Central Rail Trails nach Clyde zu fahren und die Räder wieder abzugeben.

Gesagt, getan, Nicole Joyce fuhr uns zurück nach Alexandra, wo wir gleich wieder in die Monteith’s Brewery Bar gingen und uns unsere verdienten Bierchen genehmigten. Claudia hatte Monteith’s Black und ich ein Monteith’s Original Ale. Die Bedienung übrigens sprach uns gleich mit einem lustigen deutschen Akzent an und freute sich offensichtlich, deutsch zu sprechen. Wir fanden dann heraus, dass sie zwar Kiwi ist, aber in der italienischen Schweiz geboren ist. Ihr Vater ist Kiwi, ihre Mama Italienerin. War lustig, sich mit ihr zu unterhalten.

Tour Teil 1: 11,28 km

Tour Teil 2: 21,20 km

Tag 10: Paradise – oder doch nicht?

Etappe: Mossburn Country Park – Alexandra

Am Vorabend wurde es dann doch etwas länger und so fiel mir das Aufstehen ein bisschen schwerer, als sonst. Aber um 10:00 mussten wir aus dem Camp raus sein, andernfalls würde ein weiterer Tag berechnet werden. So humorvoll der Besitzer auch war, da verstand er keinen Spaß, wenn man den Schildern Glauben schenken durfte.

Also haben wir uns entsprechend beeilt und sind tatsächlich um 09:50 vom Hof gerollt. Das eigentliche Etappenziel war Paradise bei Glenorchy am nördlichen Ende des Lake Wakatipu. Allerdings hatten wir ja unseren Campingplatz in Queenstown erst vom 23. bis 25.12. gebucht, so dass wir, wenn wir unseren ursprünglichen Plan verfolgt hätten, drei Nächte auf einem Camp ohne Stromanschluss hätten verbringen müssen. Das ist der Hausbatterie des Campers nicht unbedingt zuträglich.

Also hat sich Claudia umgesehen und ein bisschen recherchiert. Herausgekommen ist dabei, dass wir Queenstown quasi links liegen lassen und nach Alexandra fahren, wo wir im Alexandra Holiday Park zwei Nächte bleiben. Warum gleich zwei Übernachtungen?

Wir hatten uns überlegt, eine Fahrradtour zu machen. Zwischen Roxburgh und Alexandra verläuft entlang des Flusses Clutha Mata-au der Roxburgh Gorge Trail. Das besondere an diesem Tages-Trail ist, dass es zwei Teilstrecken mit dem Fahrrad zu absolvieren gilt und in der Mitte liegt eine Strecke mit dem Jetboot. Abends werden wir dann wieder im Camp sein und die Nacht hier verbringen.

Am Five Rivers Café traf die Mossburn – Five Rivers Road wieder auf die Southern Scenic Route, auf der wir bereits den Großteil der letzten Tage unterwegs waren. In Athol kamen wir an einem typischen Dorfschulhaus vorbei, das ich gleich fotografieren musste. Nein, das ist keine Museumsschule, da sind wirklich Kinder drin.

In relativ kurzer Zeit erreichten wir bei Kingston auch schon den Lake Wakatipu, an dem auch Queenstown liegt, Durch seine langgezogene Form führt der State Highway Nr. 6 eine ganze Weile am See entlang. Dabei gab es den ein oder anderen Fotostopp, unter anderem am Devil’s Staircase.

Nachdem wir direkt am Ortseingang von Queenstown rechts abgebogen und dem Kawarau River entlang durch die Kawarau Gorge dem State Highway Nr. 6 nach Cromwell gefolgt sind fuhren wir wieder ein Stück in Richtung Süden, bis wir Alexandra erreichten. Zwischenzeitlich gab es nochmal Fotos bei Roaring Meg, einem reißenden Strom, der sich mit dem Kawarau River vereinigt und ein hydro-elektrisches Kraftwerk, das zwischen Cromwell und Queenstown liegt, antreibt.

In Alexandra angekommen erledigten wir den Check-In im Camp und machten uns dann zu Fuß auf den Weg in die Stadt zur örtlichen iSite, dem Tourismusbüro. Dort buchten wir bei Denise unsere Fahrradtour für den nächsten Tag. Wir mussten dann nochmal kurz nach Clyde, das ca. zehn Kilometer vor Alexandra liegt, um bei Trail Journeys unsere Räder anzupassen, bzw. auszuwählen.

Kevin hatte für uns schon zwei Räder und Packtaschen vorbereitet, ebenso lagen die Helme bereit. Er wies uns noch genau in die Bedienung der Drahtesel ein, offenbar gibt es tatsächlich Leute, die noch nie mit dem Rad gefahren sind, oder nicht wissen, wie sie ein Fahrrad benutzen müssen, und trotzdem solche Touren buchen. Als wir ihm gesagt haben, dass wir jeden Tag in die Arbeit radeln, hatte er ein Einsehen und verkürzte die Einweisung deutlich.

Unser Camper hat zum Glück einen Fahrradträger montiert, so dass wir die Räder gleich zum Camp mitnehmen konnten, wo wir am nächsten Morgen um 08:30 Uhr von Peter mit dem Shuttle abgeholt werden. Er fährt uns dann zum Roxburgh Dam, von wo unsere Tour zurück nach Alexandra startet.

Da wir die Räder eh schon da hatten, beschlossen wir, gleich noch ein bisschen zu üben und sind nochmal durch den Ort gefahren, haben an der Shaky Bridge Fotos geschossen und haben dann im Biergarten der Monteith’s Brewery Bar, ja sowas gibt es hier, lecker gegessen und getrunken. In Alexandra findet übrigens auch das jährliche Central Otago Craft Beer Festival statt. Leider erst wieder am 2. Februar 2019.

Tour 10: Mossburn Country Park – Five Rivers – Athol – Kingston – Frankton – Cromwell – Clyde – Alexandra, 191,13 km