Ein Jahr danach – die Sehnsucht ist immer noch da

Mittlerweile ist es schon wieder mehr als ein Jahr her, seit wir wieder in heimatlichen Gefilden wandeln. Erschreckend, wie schnell die Zeit vergeht. Aber immer wieder kommen Gedanken und Erinnerungen an unsere Zeit am anderen Ende der Welt hoch.

Sei es, dass eine Doku über Neuseeland im Fernsehen läuft, ein TV-Werbespot mit dem Haka, dem traditionellen Maori-Tanz für Reisen nach Australien wirbt (warum auch immer) oder einfach der Blick auf den Neuseeland Fotos in meinem Büro etwas länger hängen bleibt. Es ist nie ganz weg.

Die Wehmut und Sehnsucht, dorthin zurückzukehren, die mich fast schlagartig überfällt, wenn ich mal zwischendurch die Bilder auf dem Handy durchblättere, zeigt, dass unsere Aufenthalte im Land der langen weißen Wolke doch mehr waren, als ein einfache Fernreisen.

Als kleine Auszeit gönne ich mir dann auch immer wieder mal einen Blick auf unseren Blog und lese die Berichte. Manches ist noch so präsent, dass es scheint, als ob es erst gestern gewesen wäre. Und auch wenn es vielleicht merkwürdig oder sentimental klingt: wenn wir uns dann gegenseitig sagen “weißt Du noch, als wir am … waren und … kennengelernt haben” wird es schon mal kurzzeitig warm um’s Herz und der klare Blick verschwimmt etwas. Ob das am kalten Wind im Gesicht liegt oder doch eine kurzzeitige Erhöhung der Tränenflüssigkeit im Auge die Ursache ist – wer mag es genau zu sagen?

Klar, schöne Erinnerungen sind immer deutlicher im Gedächtnis als die weniger schönen Erlebnisse. An unsere erste Nacht im Akaroa TOP 10 Holiday Park bei Regen und einstelligen Temperaturen im neuseeländischen Sommer (!) als wir uns gefragt haben, ob wir nicht doch besser zu Hause in München  geblieben wären, wo es zu dem Zeitpunkt milde 13°C auf den Weihnachtsmärkten hatte und der Glühwein eher mit Eis serviert wurde, erinnere ich mich nicht wirklich oft oder gerne.

Aber die schier unendlichen Lupinenfelder auf dem Weg zur Church of the good Shepherd (“Tag 3 – Endlich Sonne”) am Lake Tekapo oder der Gedanke an den Adrenalinrausch nach unserem Fallschirmsprung (“Tag 30 – Hoch hinaus und tiefer Fall”) kommen immer wieder mal in den Sinn und sorgen prompt für einen kurzzeitigen Anstieg des Dopamin- oder Serotoninspiegels.

Und bei all den schönen Erinnerungen ist mir aufgefallen, dass ich hier im Blog noch gar keine Übersichtsseite über unsere Tagesetappen für die zweite Reise erstellt habe. Für unseren ersten Trip im Jahr 2014 gibt es die nämlich im Beitrag “Ein erster Blick zurück“.

Also dann hier:

Die Reise in chronologischer Reihenfolge

Die Anreise

Akklimatisieren auf der Nordinsel (Te Ika-a-Māui)

Wechsel auf die Südinsel (Te Wai-pounamu)

Und wieder zurück auf die Nordinsel (Te Ika-a-Māui)

Die Heimreise

Tag 25: An expected journey

Etappe: Picton – Wellington

Unsere Eincheckzeit war mit 09:45 angegeben, da wir aber früh genug ohne Wecker wach wurden, waren wir bereits früher an der Warteschlage zur Fähre. Wobei Schlange etwas übertrieben ist, wir waren die Nummer 22 der eingecheckten Fahrzeuge. Zuvor hatten wir jedoch nochmal die Annehmlichkeiten der Küche des Parklands Marina Holiday Park genutzt und genossen in Ruhe unser Frühstück mit Cappuccino, Toast und Joghurt.

Wir hatten ja im Wai-natur Camp mit Karen und Patrick besprochen, dass wir uns vielleicht an der Fähre treffen und hielten in der Reihe der wartenden Fahrzeuge Ausschau nach ihrer dunkelblauen Toyota Limousine. Und prompt sahen wir die beiden zwei Reihen neben unserer Wartereihe stehen. Winken, rufen und den Treffpunkt an der Bar der Fähre nach dem Boarding auszumachen war schnell erledigt. Die weitere Wartezeit vertrieben wir uns mit Lesen, da waren unsere Kindle wieder mal sehr nützlich.

Um 10:45 sollte die Fähre ablegen und um 10:37 standen wir noch immer vor der Hochrampe über die wir in den Bauch des Schiffes fahren sollten. Ich hatte genügend Zeit staunend zu beobachten, wie Eisenbahnwaggons in dem riesigen schwarzen Loch am Heck der Fähre verschwanden. Dass wir auf unserer Fahrt gemeinsam mit Motorrädern, PKWs, LKWs und Sattelschleppern an Bord sein würden, war mir bewusst, mit ganzen Zügen hatte ich jedoch nicht gerechnet.

Als wir dann endlich losfahren durften, wurden wir von den Lademeistern entsprechend eingewiesen und kaum, dass wir unseren Camper geparkt hatten und wir vom Ladedeck 3 auf das Passagierdeck 4 gegangen waren, sahen wir auch schon, wie sich das Land auf der Seite der Fähre nach hinten schob: wir hatten abgelegt. Zwischen dem Aussteigen aus dem Camper und dem Ablegen vergingen keine drei Minuten, es war mittlerweile 11:02 Uhr.

Das Wetter war herrlich, fast windstill, die See im Picton Sound war glatt und ruhig. Nachdem wir bei der letzten Überfahrt ziemlich durchgeschüttelt wurden, waren wir gespannt, wie es diesmal sein würde. Vorweggenommen: es war wie ein ganz, ganz leichtes Schaukeln in einer Hängematte. Also fast gar nicht.

Wir trafen Karen und Patrick wie besprochen an der Bar und beschlossen, uns ein Bier zu holen und uns auf das Außendeck in Ebene 5 am Bug der Fähre zu setzen. Und dort blieben wir, bis wir in Wellington ankamen. Zwischendurch ein paar Fotos – ich fragte ganz frech einen Mann mit toller Canon-Ausrüstung, der den Eindruck machte, er weiß, was er tut, ob er von uns vieren ein paar Bilder machen könnte. Hat er gerne gemacht.

Die dreieinhalb Stunden Überfahrt vergingen wie im Flug, abwechselnd erzählten wir gegenseitig unsere Urlaubserlebnisse und -pläne und vereinbarten, dass, wenn wir in Tauranga sind, wir uns bei ihnen melden und wir uns nochmal treffen. Sie wollten auch mal nach Deutschland kommen und wir haben sie natürlich eingeladen, uns in München zu besuchen. Mal sehen, ob es klappt.

In Wellington angekommen fuhren wir direkt auf den Freedom Campervan Park an der Evans Bay Marina. Wie die meisten anderen Camps auch, hatten wir diesen Platz ebenfalls in der CamperMate App gefunden. In Wellington sieht es generell mit Parkmöglichkeiten für Campervans über Nacht leider nicht sehr gut aus.

Den Wellington Waterfront Motorhome Park, den wir bei unserem letzten Besuch im Jahr 2014 genutzt hatten, gibt es leider nicht mehr, dort steht jetzt ein tolles neues, glänzendes Bürogebäude. Schade, denn die Lage direkt an der Waterfront und die sanitären Einrichtungen waren wirklich gut.

Egal, für eine Nacht war das kostenlose Campen an der Marina auch in Ordnung, zumal dort auch Toiletten waren. Wo findet man das schon bei uns, dass auf einem Parkplatz eigens Toiletten für die Camper bereitgestellt sind, und das ganze auch noch sauber ist und nichts kostet. Dafür fährt aber am Abend auch der Security Dienst durch und kontrolliert, ob die Camper auch nur auf der freigegebenen Stellfläche stehen. Denn es ist nur ca. ein Viertel der gesamten Parkplatzfläche auch tatsächlich von der Stadtverwaltung für das Freedom Camping freigegeben.

Uns war es einerlei, wir hatten unseren Platz und machten uns zu Fuß auf den Weg auf den Mount Victoria, der direkt hinter dem Parkplatz anstieg. Von dort oben hatten wir einen tollen Ausblick auf die verschiedenen Stadtteile und außerdem kannten wir das Gelände bereits: dort hatten wir vor vier Jahren unsere Lord of the Rings-Movie Location Tour mit den Drehorten der Szenen, als sich die Hobbits vor dem schwarzen Reiter unterhalb des großen Baumes versteckten. Oder als Frodo und Sam an einem Baum Rast machten kurz bevor sie Merry und Pippin trafen.

Nachdem wir auf der anderen Seite des Mount Victoria hinuntergestiegen sind, trennte uns nur noch ein kleiner Fußmarsch von der City. Dabei kamen wir auch am Embassy Theatre vorbei, einer Wellingtoner Institution. Das Kino ist quasi die Heimat von Der Herr der Ringe. Hier fanden 2001 und 2002 die Ozeanien-Premieren der ersten beiden Teile und 2003 sogar die Weltpremiere des dritten Teils, Die Rückkehr des Königs, statt.

Bei einer hilfsbereiten Wellingtonerin erkundigten wir uns noch nach den öffentlichen Verkehrsmitteln, bevor wir uns in Mac’s Brewbar in der Shed 22 niederließen und uns mit hausgebrauten Bieren und gutem Essen stärkten. Wir genossen den fast windstillen frühen Abend und sahen den Wasserspringern am Wharf Jump zu, die mutig in das nicht gerade saubere Wasser des Hafenbeckens sprangen. Immerhin gibt es dort eine Dusche und eine Umkleidemöglichkeit.

Das hat dann wohl auch dazu geführt, dass auf einmal einer der Gäste der Brewbar kurzerhand aufsprang, sich das T-Shirt vom Leib riss, auf den Sprungturm stieg und hinunter sprang. Anschließend streifte er sich das T-Shirt wieder über und setzte sich, als ob nichts geschehen wäre, wieder an den Tisch zu seinen Freunden. Crazy Kiwis eben.

Tour 25: Picton – Wellington, 110,55 km

Tag 12: Von Nord nach Süd

Etappe: Wellington – Picton – Pelorus Bridge – Marahau Beach Camp

Wellington-Wetter am Morgen, d.h. Regen und kalt. Und ein Handy, das zur angegebenen Weckzeit nicht geläutet hat. Gestern Abend habe ich extra nochmal nachgeschaut: 44% Akku, das reicht dicke bis zum Morgen. Ja, denkste! Wenn das Handy auf der eiskalten Glasplatte der Herdabdeckung liegt, Bluetooth und WLAN an ist, dann reicht’s eben nicht. Aber es war dann doch alles halb so schlimm, denn die eingestellte Weckzeit von 6:30 Uhr haben wir um genau 2 Minuten verpasst, weil wir ohnehin von selbst wach wurden. Also alles im Lot.

Das Einchecken auf der Fähre sollte laut Voucher “no later than 7:30am” sein. Gut, das hieß, es gab eben kein gemütliches Frühstück, sondern nur Morgentoilette mit Dusche und fertig. Kaffee und Frühstück wollten wir dann auf der Fähre einnehmen.

Der Interislander Check-In liegt zum Glück nur einen Kilometer vom Wellington Waterfront Motorhome Car Park entfernt, so dass wir dann um 7:15 am Check-In standen. Genau, wir standen. So wie viele andere Fahrzeuge mit uns. Und es ist schon interessant, wie die Logistik beim Beladen so einer großen Fähre funktioniert. Wir hatten genügend Zeit, uns das Schauspiel anzusehen, da wir als eines der letzten Fahrzeuge an Bord durften. Hinter uns waren nur noch zwei weitere Wohnmobile, von denen eines am Check-In zwar vor uns war, aber danach auf die Seite gewunken wurde, um zu warten. Vermutlich wegen der Höhe des Fahrzeugs.

Nachdem der Camper schließlich doch noch ordentlich auf der Fähre geparkt war, enterten wir umgehend das Bordcafé für ein Frühstück. Kaffee gab es, aber da wo wir waren nur Snacks, also Snickers und Süßigkeiten. Gut, dann eben Zucker. Hilft ja auch zum Wachwerden. Im Verlauf der Passage haben wir dann auch die anderen Decks und die anderen Verpflegungsmöglichkeiten gefunden.

Die Passage an sich war, wie auch im Reiseführer angekündigt, auf den ersten eineinhalb Stunden ziemlich bewegt, denn die Fahrt über das offene Meer hatte es in sich. Claudia war nicht ganz wohl, aber sie hielt sich tapfer. Hing wohl auch mit dem Kaltstart am Morgen zusammen. Immer wieder kamen die Durchsagen, dass man unbedingt die Handläufe beim Treppensteigen benutzen und keine Dinge, wie Tabletts, Teller, Tassen und dergleichen herumtragen sollte. Die Türen zu den Außenbereichen waren zum Teil gar nicht zu öffnen, so stark drückte der Wind dagegen!

Sobald wir jedoch die Cook Strait hinter uns gelassen haben und in den Meeresarm, der vor Picton liegt einfuhren, beruhigte sich das Schiff augenblicklich wieder. Plötzlich gingen auch alle Türen wieder leicht auf und die Leute strömten auf die Aussichtsdecks. Das Wetter war auch ganz anders als bei der Abfahrt: es hatte Sonnenschein mit ein paar vereinzelten Wolken. Eigentlich ideal. In Picton gab es dann erst mal ein vernünftiges Mittagessen, wir waren beide ziemlich ausgehungert.

Schnell noch den Tank vollgemacht, und dann ging das Abenteuer auf der Südinsel los. Die ersten Kilometer auf dem Queen Charlotte Drive haben mich wieder mal belehrt, dass Mann den Tag nicht vor dem Abend, sprich die Motorradstrecken im Norden nicht vor denen im Süden, loben sollte. Das war – wieder mal – der pure Hammer, was da an Straße an der Küste entlang führte. Eigentlich hätten wir alle 500 m an einem der Aussichtspunkte stehen bleiben können, aber dann hätten wir Tage gebraucht, um unser Tagesziel zu erreichen.

So blieb es bei einem Stopp an der Pelorus Bridge zwischen Picton und Nelson, wo die Flucht der Zwerge vor den Waldelben und den Orcs aus dem zweiten Teil von “Der Hobbit – Smaugs Einöde” gedreht wurde.

Anschließend fuhren wir weiter bis Nelson, erledigten unseren Einkauf und machten uns dann auf dem Weg zu unserem heutigen Etappenziel, dem Marahau Beach Camp am Eingang des Abel Tasman Nationalparks.

Als wir auf den Parkplatz des Camps abbiegen fährt vor uns ein großer Camper rein. Dreimal dürft ihr raten, wer das war. Genau, das waren die, die an der Fähre warten mussten, weil sie zu groß waren. Wir kamen dann ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass die drei, Mutter, Vater und ihre kleine Tochter, die Betreiber des einzigen Hochseilparks auf Mallorca sind. Und jetzt dürft ihr nochmal raten, was wir zum Abschluss unseres letzten Mallorca-Urlaubs gemacht haben. Richtig, wir waren in genau diesem Hochseilgarten!

Celine und Adrien sind Franzosen und während der Wintersaison als Skilehrer in Courchevel beschäftigt, während der Sommersaison betreiben sie mit einem Partner eben den Jungle Parc in Santa Ponça auf Mallorca. Beim gemütlichen Bierchen und ein paar Snacks wurden dann Erlebnisse und Erfahrungen ausgetauscht und vereinbart, dass wir uns auf alle Fälle melden, wenn wir das nächste Mal auf Mallorca sind. Obwohl, ich war ja auch noch nie in den französischen Alpen zum Skifahren. Mal sehen.

Zum perfekten Abschluss des Tagen gab es, da dann doch noch ein paar Regentropfen gefallen sind, einen hammermäßigen doppelten Regenbogen über der Bucht von Marahau.

Für den kommenden Tag haben wir uns auf unserem Weg zur Westküste einen Abstecher zum Lake Rotoiti vorgenommen.

Tour 8: Wellington – Marahau Beach, 249 km

Tag 11: Wellington oder die Wälder von Hobbiton

Etappe: Wellington und Umgebung

Ja, wir sind tatsächlich mal zwei Nächte am selben Platz geblieben. Das war aber bereits vorher geplant, denn Wellington ist die Heimat der Stone Street Studios, wo Teile der Herr der Ringe Trilogie und des Hobbits gedreht wurden – klar, denn die Studios gehören ja auch Peter Jackson – und auch die Heimat von Weta, die für die Kostüme, Ausrüstung und digitale Special Effects der beiden Reihen (und noch vieler anderer Filme mehr) verantwortlich waren und sind.

Ich hatte schon vorher im Internet – wieder mal – herausgefunden, dass es eine spezielle geführte Tour für Fans der Filme gibt. Gut, dachte ich, das passt. Am gestrigen Tag haben wir die i-Site, das ist die Tourist Information, bereits gefunden, waren aber etwas zu spät dran; aber wir wussten dann, dass sie um halb neun morgens öffnet. Da wir ja im Urlaub und nicht auf der Flucht sind, haben wir gemütlich gefrühstückt und sind dann dorthin spaziert, um die “Ultimate Movie Combo Tour” zu buchen. (Edit 2020: als wir 2014 da waren hieß die Tour noch “Ultimate Movie Tour Plus+”; Link angepasst)

Diese Tour beinhaltet eine Busfahrt zu Drehorten in der Nähe von Wellington, eine Besichtigung der Drehorte, die direkt in Wellington liegen, sowie einen Besuch der Weta Cave, das ist das Museum bzw. der Shop von Weta und, ganz speziell, eine Führung durch die Räume von Weta Workshop. Das heißt, wir kommen dorthin, wo wirklich gearbeitet wird: in die Werkstätten von Weta!

Doch der Reihe nach. Wir waren also in der i-Site und haben gerade den Flyer in der Hand, als wir auch schon von Tom, einem der Angestellten angesprochen werden, ob er uns denn helfen könne. Das ist uns bis jetzt überall aufgefallen, wo wir waren: die Kiwis sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Er hat dann die Tour für uns gebucht, und siehe da, zwanzig Minuten später sollte es schon losgehen.

Leider hat sich das Wetter in der Zwischenzeit dazu entschieden, schlechter zu werden, will heißen, es wurde ziemlich nass von oben. Liquid sunshine. Was soll’s, im Bus war’s trocken. Und zum Glück besserte sich das Wetter schlagartig, als wir Wellington verlassen hatten.

Der erste Drehort, den wir angefahren haben, war ca. 15 Autominuten außerhalb von Wellington. Ein Steinbruch, in dem die Sets für Helms Klamm mit der Hornburg und Minas Tirith gebaut wurden. Heute ist davon leider nichts mehr zu sehen, denn der Steinbruch ist wieder in Betrieb und alle Kulissen und Bauten sind längst verschwunden. Ist ja auch schon 14 Jahre her! Aber es gab interessante Infos und Filme dazu, z.B. dass Minas Tirith aus und auf den Kulissen von Helms Klamm erbaut wurde. Oder dass die lange Steintreppe im Hang, die man im Film kurz für fünf Sekunden sieht, tatsächlich drei Wochen lang mit Presslufthämmern in den Fels gehauen wurde.

Der nächste Stop war in einem kleinen Park, der direkt neben einer Straße liegt: hier waren die Gärten von Isengard, wo Gandalf und Saruman spazierten. Und tatsächlich konnten wir anhand der Filmfotos, die uns Alice zeigte, genau erkennen, wo die beiden entlang spaziert sind. Und damit jeder auch sein spezielles Zauberer-Feeling bekam durften wir, mit langen Stöcken bewaffnet, denselben Weg entlang gehen. Wir fühlten uns sehr magisch.

Dort wurde auch die Szene gedreht, in der die Orcs die Bäume rund um Isengard ausreißen. Tatsächlich war es nur ein einzelner, künstlicher  Baum, der extra von Weta angefertigt wurde. Dieser wurde immer wieder aus verschiedenen Einstellungen und Abständen gedreht und immer wieder aufgerichtet und wieder gefällt.

Anschließend kamen wir zu der Stelle, an der Aragorn nach seinem Sturz über die Felsenklippe am Flussufer angespült wurde. Man glaubt es kaum, aber die Stelle liegt unweit eines Wohngebiets! Nur der Sand, der damals extra angekarrt wurde, hat sich im Laufe der Jahre wieder verflüchtigt, ansonsten sieht alles so aus wie im Film!

Die Mittagspause machten wir im Pakuratahi Park, der noch etwas weiter nördlich liegt. Dort wurde im Herrn der Ringe Rivendell, also Bruchtal, die Stadt der Elben, gedreht. Einfach so, in einem Naturpark. Der Baum, der in vielen Einstellungen zu sehen ist, steht immer noch und anhand dessen konnten wir wieder viele Szenen identifizieren.

Dass zwei von der Gruppe – ich sage jetzt nicht, wer – noch den Legolas mimen mussten, natürlich inklusive Cape, Bogen, Cape und blonder Perücke mitsamt den Elbenohren, diente der allgemeinen Belustigung aller.

Wieder zurück in Wellington wechselten wir den Bus, ein Teil der Leute hatte nur die kurze Version der Tour gebucht (was auch besser war, denn die hatten nach meinem Dafürhalten mit dem Film gar nichts am Hut und die Tour nur gebucht, weil sie halt auch ihrem Kreuzfahrtschiff angeboten wurde, und alle anderen Touren bereits ausgebucht waren). Im kleineren Bus ging es dann in den Park am Mount Victoria – alles im Stadtgebiet Wellingtons.

Dort wurden die Szenen der Wälder des Auenlandes gedreht: wie die Hobbits auf der Flucht vor Bauer Maggot den Abhang hinunterkugeln und dann auf dem Weg fast von dem Ringgeist aufgespürt wurden. Wir haben die Stelle gesehen, wo die Hobbits auf den Weg purzeln und die Stelle, an der sie schnell von der Straße gesprungen sind, um unter einer riesigen Baumwurzel Schutz vor dem Ringgeist zu suchen. Leider war der riesige Baum wieder mal ein künstlicher, gefertigt von Weta, d.h. heute ist da kein Baum mehr zu sehen. Die Grube allerdings, in der sich die vier zusammenkauerten, die haben wir natürlich gesehen. Und, wie könnte es auch anders sein: wir haben die Szene natürlich nachgespielt.

Der Baum, an dem Frodo und Sam Rast machen und Sam kocht, steht immer noch da und sieht fast noch genauso aus. Ich durfte mich mit Pfeife in die Astgabel legen und Claudia hat gekocht, wie im richtigen Leben halt. Na gut, nur fast, wenn sie in Wirklichkeit kocht, raucht sie keine Pfeife.

Zum Schluss des Spaziergangs am Mount Victoria kamen wir noch zum Abhang, an dem die Hobbits vor den Ringgeistern zur Bockenburger Fähre geflohen sind. In der Nacht des Drehs hat es sehr stark geregnet, wodurch der Waldboden natürlich ziemlich rutschig wurde und die Darsteller mit den Hobbitfüßen nicht mehr nach oben gehen konnten, um die Szene zu wiederholen. So wurden kurzerhand starke Männer engagiert, die die Jungs den Berg wieder hochgetragen haben. Immer und immer wieder, bis drei Uhr früh.

Anschließend ging es nach Miramar, eine Halbinsel, die zu Wellington gehört. Dort befindet sich Weta Cave, der Shop von Weta und Weta Workshop. In Weta Cave hatten wir zwanzig Minuten, um Fotos zu schießen und Geld auszugeben. Klar, wozu ist so ein Shop denn sonst da. Wir haben uns mehr auf das Fotografieren beschränkt, denn im Hinterkopf war da immer noch das Gewichtsproblem mit dem Gepäck. War vielleicht auch für das Reisebudget besser so. Obwohl, wenn ich so nachdenke, so ein originales Schwert aus der Herr der Ringe Trilogie hätte schon was. Oder der Eine Ring. Kostet ja nur 5.500 Neuseelanddollar, dafür aber auch mit Zertifikat vom Goldschmied, der die einzige Lizenz dafür hat. Und der fiele an der Hand nicht wirklich ins Gewicht.

Und dann war es soweit: wir durften durch die rote Tür in den Weta Workshop. Striktes Fotografierverbot – versteht sich von selbst – denn dort wird ja tatsächlich an aktuellen Projekten gearbeitet. Und als wir so an der ersten Station der Besichtigung stehen passiert das Unglaubliche: Sir Richard Taylor kommt um die Ecke und sagt einfach: “Hi guys, how ya doin’?” Richard Taylor, das ist der Mann, der mit Peter Jackson das ganze aufgebaut hat und der Chef von Weta ist! Kommt einfach so ums Eck!

Die Workshop-Tour war das Highlight des Tages und eine Erinnerung, die ewig im Kopf bleiben wird. Gerade weil wir KEINE Fotos machen durften. Wir erfuhren, wie die Entwicklung und Herstellung von Requisiten von der Planung bis zur Fertigstellung vonstatten geht. Wie Figuren, Masken und Rüstungen gefertigt werden. Immens war auch der technologische Unterschied zwischen den Filmen vom Herrn der Ringe und dem Hobbit. Eigentlich klar, denn da liegen ja auch zehn Jahre Entwicklung dazwischen.

Am Abend waren wir dann ziemlich voll von Eindrücken und haben versucht, zeitig ins Bett zu kommen, um am nächsten Tag rechtzeitig an der Fähre für die Überfahrt auf die Südinsel zu sein.

Tag 10: Vom Surf Highway in die Hauptstadt

Etappe: Ohawe Beach – Palmerston North – Wellington

Wir fahren morgens nach dem Frühstück vom Camp in Ohawe Beach los und plötzlich klappert es hinter uns. Irgendwas ist runtergefallen, aber ein erster Blick lieferte keine Klarheit. Bis Claudia sagte: “Ich weiß jetzt, was es war: meine Brille lag noch auf dem Herd!” Oh shit, hoffentlich ist die nicht in irgendeinen Spalt gerutscht. Und wie heißt es so schön? Wenn schon Scheiße, dann mit Schwung!

Das gute Spekuliereisen lag nämlich genau hinter dem Kühlschrank, der sich natürlich nicht bewegen lässt. Klar, sonst würde er ja ständig hin- und herrutschen. Immerhin haben wir sie schon mal gesehen. Aber dranzukommen war unmöglich, sämtliches Besteck und sonstiges Gerät, das wir zur Verfügung hatten, reichte nicht aus, um sie zu erwischen, geschweige denn, die Brille herauszubekommen.

Da fiel mir ein, dass wir gestern bei der Hinfahrt an einem Motorradhändler vorbeigefahren sind. “Da frage ich jetzt einfach mal, ob die irgend ein Werkzeug oder sonst was haben, mit dem man das Teil da rausfischen könnte”, meinte ich und bog ab. Das Mädel am Tresen hat zwar erst etwas verwundert geschaut, dann aber rasch gemeint, dass da wohl ein Stück Draht gute Dienste leisten könnte und verschwand auch schon in der Werkstatt um kurz darauf mit einem Meter Stahldraht (No. 8 Wire) zurückzukommen. Langer Rede, kurzer Sinn: innerhalb einer Minute war die Brille wieder da, wo sie hin gehörte und alles war wieder gut. Ein großes Dankeschön nochmal an Bailey Motorcycles in Hawera!

Da die Etappe über den Forgotten World Highway nach Ohawe ja so nicht geplant war, fuhren wir dann einfach in Richtung Wellington und ließen uns überraschen, was denn die Gegend so bringt. Und neben wieder einmal tollen Landschaften und einem entgegenkommenden Haus brachte sie uns auch nach Palmerston North, denn dort sollte das New Zealand Rugby Museum beheimatet sein. So zumindest die Ankündigung an einer Hinweistafel ein paar Kilometer zuvor. Na gut, liegt zwar nicht direkt auf der Strecke, aber wenn wir schon kein Spiel live sehen können, weil gerade Sommerpause ist, dann halt wenigstens das Museum, dachten wir uns.

Bei der Einfahrt in die Stadt fiel mir dann ein lange vergessenes Logo ins Auge: Wendy’s. Die älteren unter den Leserinnen und Lesern kennen diese amerikanische Burgerkette, die es bis Ende der 80er Jahre noch in Deutschland neben McDonalds und Burger King gab, vielleicht noch. Da musste ich unbedingt rein. Und es hat sich rentiert, der Burger war klasse und Claudias Hot Taco Salad ebenfalls.

Nach dem Essen sind wir dann doch noch zum Rugby Museum weitergefahren und haben uns dort ausgiebig umgesehen. War schon beeindruckend, was da im Laufe der Geschichte so alles rund um die All Blacks passiert ist.

Nach dem ungeplanten Abstecher sind wir dann aber planmäßig weitergefahren nach Wellington, wo wir jetzt am Waterfront Motorhome Park stehen – direkt am Hafen – und uns das obligatorische Ankommerbier in Mac’s Brewbar schmecken ließen. Eigentlich waren es ja sechs Bier für jeden, denn wir haben uns ein sogenanntes Tasting Platter gegönnt, auf dem wie gesagt sechs verschiedene Biersorten, die alle dort gebraut werden, in Probiergrößen von 0,2l dargeboten werden.

Zum Abschluss des Tages sind wir dann mit der Standseilbahn, dem Wellington Cable Car zum Botanischen Garten gefahren und haben einen grandiosen Blick über die beleuchtete Stadt genossen. Der Rückweg führte uns dann zu Fuß im Dunkeln – unnötig zu erwähnen, dass wir auch Stirnlampen und meine Maglite dabei hatten, die wohlbehalten im Camper lagen – durch den Botanischen Garten wieder zurück zum Motorhome Carpark.

Dort wollten wir für zwei Nächte bleiben, da wir uns am folgenden Tag Wellington ansehen und eine Hobbit Filmtour machen wollten.

Tour 7: Ohawe Beach – Wellington, 314 km

Weniger ist mehr

Jetzt ist es soweit: wir sind nicht nur Weltmeister, nein wir sind auch UHu!

Nein, nicht dass ihr denkt, jetzt ist er übergeschnappt oder hat zu viele Klebstoffdämpfe geschnüffelt: seit letzten Freitag sind es keine hundert Tage mehr, bis wir uns auf den Weg machen! Und langsam werden die Aufgaben, die  noch zu erledigen sind, immer präsenter!

Das ist wie früher mit den Hausaufgaben: so lange da immer noch Tage bis zum Abgabetermin waren, war die Not nicht so groß. Aber spätestens am Abend vor dem bewussten Tag wurde es langsam ernst. Und so richtig spannend dann am Morgen beim Frühstückstisch! Ach ja, Kinder, diese Zeilen sind natürlich nicht aufgrund von eigenen Erfahrungen geschrieben, ich erzähle hier nur von Dingen, die ich von anderen gehört habe. ;-)

Ganz so schlimm ist es für unseren Neuseelandtrip zwar noch nicht, aber da wir im neuseeländischen Frühsommer, also am Anfang der Hauptsaison, reisen, sind so langsam die Must-Haves und die Nice-To-Haves zu definieren.

Tja, die Routenplanung ist auch so ein Thema. Ich habe einfach mal alle, von uns als sehenswert bewerteten Orte und Attraktionen aufgelistet ohne auf zeitliche oder örtliche Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Und wie es so ist, wenn man im weltweiten Netz ein wenig intensiver sucht, findet man natürlich immer noch einen HotSpot, den man unbedingt gesehen haben muss, und immer noch einen Geheimtipp (so geheim er denn ist, wenn er im Internet steht). Und zum Schluss, wenn alles ein bisschen sortiert und in Reihe gebracht ist, stellt sich heraus, dass am Ende der Urlaubstage noch ungefähr für vier Wochen Ziele vorhanden sind. So ein Mist aber auch!

Also bleibt nur das Unvermeidliche: zusammenfassen, streichen, neu ausrechnen, wieder vergleichen; verdammt, immer noch zu lange. Und wieder von vorne!

Und da wir beide Inseln besuchen, müssen wir auch die Fährpassage von Wellington nach Picton frühzeitig buchen, um nicht vor Ort unerwartet feststellen zu müssen, dass für uns genau an dem Tag und zu der Zeit, wo wir am Hafen stehen, kein Platz mehr auf der Fähre ist.

Also hat Claudia im Internet recherchiert, aber natürlich auch in unserem Reisebüro nachgefragt. Tja, es war zur rechten Zeit, viel länger hätten wir nicht warten sollen. Über das Pacific Travel House haben wir jetzt auch die Fährpassage gebucht, was im Vergleich zur reinen Internetbuchung durch uns selbst zwar etwas teurer kommt, allerdings haben wir so den Vorteil, dass es sich um eine Optionsbuchung handelt. Das heißt, wir haben für ein bestimmtes Datum, zu einer bestimmten Uhrzeit die Fährpassage gebucht, können aber, wenn es sich ergibt, auch kostenlos auf eine andere Fähre umbuchen. Und zwar sowohl früher als auch später! Das verschafft uns zumindest ein wenig mehr Flexibilität in unserer Routenplanung.

Das ist der aktuelle Stand der Dinge, wir brüten über unserem Routen- und Zeitplan und versuchen dabei  sicherzustellen, dass auch noch genügend Zeit zum Schlafen und zur Erholung bleibt. Ach ja, und fotografieren wollten wir ja auch noch.

So nach und nach werden wir hier unsere Ziele vorstellen. Mal sehen, was dann am Ende nach unserer Reise tatsächlich davon übrig geblieben ist.