Ein Jahr danach – die Sehnsucht ist immer noch da

Mittlerweile ist es schon wieder mehr als ein Jahr her, seit wir wieder in heimatlichen Gefilden wandeln. Erschreckend, wie schnell die Zeit vergeht. Aber immer wieder kommen Gedanken und Erinnerungen an unsere Zeit am anderen Ende der Welt hoch.

Sei es, dass eine Doku über Neuseeland im Fernsehen läuft, ein TV-Werbespot mit dem Haka, dem traditionellen Maori-Tanz für Reisen nach Australien wirbt (warum auch immer) oder einfach der Blick auf den Neuseeland Fotos in meinem Büro etwas länger hängen bleibt. Es ist nie ganz weg.

Die Wehmut und Sehnsucht, dorthin zurückzukehren, die mich fast schlagartig überfällt, wenn ich mal zwischendurch die Bilder auf dem Handy durchblättere, zeigt, dass unsere Aufenthalte im Land der langen weißen Wolke doch mehr waren, als ein einfache Fernreisen.

Als kleine Auszeit gönne ich mir dann auch immer wieder mal einen Blick auf unseren Blog und lese die Berichte. Manches ist noch so präsent, dass es scheint, als ob es erst gestern gewesen wäre. Und auch wenn es vielleicht merkwürdig oder sentimental klingt: wenn wir uns dann gegenseitig sagen “weißt Du noch, als wir am … waren und … kennengelernt haben” wird es schon mal kurzzeitig warm um’s Herz und der klare Blick verschwimmt etwas. Ob das am kalten Wind im Gesicht liegt oder doch eine kurzzeitige Erhöhung der Tränenflüssigkeit im Auge die Ursache ist – wer mag es genau zu sagen?

Klar, schöne Erinnerungen sind immer deutlicher im Gedächtnis als die weniger schönen Erlebnisse. An unsere erste Nacht im Akaroa TOP 10 Holiday Park bei Regen und einstelligen Temperaturen im neuseeländischen Sommer (!) als wir uns gefragt haben, ob wir nicht doch besser zu Hause in München  geblieben wären, wo es zu dem Zeitpunkt milde 13°C auf den Weihnachtsmärkten hatte und der Glühwein eher mit Eis serviert wurde, erinnere ich mich nicht wirklich oft oder gerne.

Aber die schier unendlichen Lupinenfelder auf dem Weg zur Church of the good Shepherd (“Tag 3 – Endlich Sonne”) am Lake Tekapo oder der Gedanke an den Adrenalinrausch nach unserem Fallschirmsprung (“Tag 30 – Hoch hinaus und tiefer Fall”) kommen immer wieder mal in den Sinn und sorgen prompt für einen kurzzeitigen Anstieg des Dopamin- oder Serotoninspiegels.

Und bei all den schönen Erinnerungen ist mir aufgefallen, dass ich hier im Blog noch gar keine Übersichtsseite über unsere Tagesetappen für die zweite Reise erstellt habe. Für unseren ersten Trip im Jahr 2014 gibt es die nämlich im Beitrag “Ein erster Blick zurück“.

Also dann hier:

Die Reise in chronologischer Reihenfolge

Die Anreise

Akklimatisieren auf der Nordinsel (Te Ika-a-Māui)

Wechsel auf die Südinsel (Te Wai-pounamu)

Und wieder zurück auf die Nordinsel (Te Ika-a-Māui)

Die Heimreise

Tag 35: Wo sich Ozeane treffen

Etappe: Whangarei – Tapotupotu Campsite

Nochmal ein langes Stück Weg lag vor uns, als wir pünktlich um 10:00 aus dem Whangarei Top 10 Holiday Park losfuhren. Zuvor gab es zum Frühstück dank der gut ausgestatteten Camp-Küche einen Schinken-Käse-Toast zum Morgenkaffee.

Unser Weg führte uns auf dem State Highway 1 bis das Navi wieder meinte, abbiegen zu müssen. Gut, nachdem ich mich bis jetzt immer darauf verlassen hatte, dass es schon passen wird, was mir die nette Stimme aus dem Kasten erzählt, bogen wir links ab. Die Straße hieß Jordan Valley Road und war genauso einsam und verlasen, wie das Tal des Jordan vermutlich tatsächlich ist.

Aber ehrlich gesagt ist mir eine einsame, kleine Straße lieber, als eine eintönige, viel befahrene Schnellstraße. Und landschaftlich hatte dieses Teilstück wirklich was zu bieten. Nach einigen Kilometern bogen wir dann bei Hukerenui wieder in den SH 1 ein, dem wir dann bis Kawakawa folgten.

Dort befindet sich eine öffentliche Toilette, die nach den Entwürfen des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser erbaut wurde. Und mittlerweile wird hinter der Toilettenanlage an einem Hundertwasser-Park gebaut.

Bei unserem letzten Besuch konnten wir gegenüber der Hundertwassertoilette einen Kunstgarten besichtigen, der im Stil von Hundertwasser angelegt wurde. Leider hat ein Erdrutsch diesen Garten großteils zerstört, so dass er geschlossen wurde. Durch das Gitter konnten wir noch die von den Wänden gebrochenen Fliesenplatten sehen.

Als wir auf unserem weitern Weg in die Ortschaft Kaitaia kamen und eine große Tafel zur Begrüßung am Ortseingang sahen, waren wir schon etwas überrascht: neben Haere mai, dem Maorigruß und Welcome to stand dort nämlich auch Dobro došli, die kroatische Version von Herzlich willkommen. Neuseeland ist immer wieder für Überraschungen gut.

Vor Kaitaia kamen wir an eine meiner Lieblingsstrecken in Neuseeland: die Mangamuka Gorge Road. Diese Straße ist Teil des SH 1, aber so viele Kurven hintereinander lassen das Herz des Motorradfahrers einfach schneller schlagen. Was gäbe ich dafür, da mal mit dem Motorrad fahren zu können. Alles zusammengerechnet bin ich diese Straße in zwei Urlauben hier nun schon viermal gefahren und es hat jedesmal einen Heidenspaß gemacht – auch im Camper!

In Kaitaia füllten wir auch wieder mal unsere Lebensmittelvorräte auf, da wir kein Brot mehr hatten und noch etwas Obst brauchten. Für das Abendessen haben wird dann eine Packung Bratwürste mitgenommen, die auf dem Grill landen sollten.

Und weiter ging es in Richtung Cape Reinga, immer nach Norden. Die Landschaft hatte mich etwas überrascht, ich hatte mit mehr Sand und etwas kargerer Landschaft gerechnet. Es war aber im Gegenteil sehr grün, mit vielen Weideflächen und weitläufiger, als ich angenommen hatte. Mein Bild im Kopf war eher eine lange, schmale und flache Landzunge, wo man von einer Küstenseite zur anderen sehen kann. Der nördlichste Teil Neuseelands ist aber sogar ziemlich hügelig.

In der CamperMate App hatte ich bei der Vorplanung schon mal eine DOC Campsite nahe des Cape Reinga gefunden, genauer gesagt, war es die am nächsten zum Cap gelegene Campingmöglichkeit. Allerdings mit dem Nachteil, dass es halt nur Plätze ohne Strom gibt und keine heißen Duschen.

Bei unserer Planung für den Tag haben wir uns jedoch am Vortag entschieden, dass wir bis zum Cape fahren, unsere Fotos machen und dann wieder zurück in südlicher Richtung, bis zum ersten Camp mit Stromanschluss. So weit die Planung.

Als wir am Abzweig zur Tapotupotu Campsite waren, meinte ich, wir könnten den Platz ja trotzdem mal ansehen. In den Bewertungen bei CamperMate wurde der Platz als sehr schön beschrieben, allerdings mit vielen Moskitos. Als wir dort ankamen, erstaunte mich, dass jemand vom DOC einen festen Posten vor Ort besetzte und nicht wie sonst üblich, die Campgebühren auf Vertrauensbasis mit Selbstregistrierung entrichtet werden.

Cape Reinga Coastal Walkway

Claudia fragte die Dame, wie lange der Fußweg zum Cap dauert und bekam als Antwort: ‚Eineinhalb Stunden, einfach‘. Es war zu dem Zeitpunkt kurz vor halb vier Nachmittags. Langer Rede kurzer Sinn, wir stellten unseren Camper ab, zogen unsere Schuhe an, packten die Rucksäcke und marschierten los.

Zunächst ging es kurz über den Strand der Bucht, wo wir parkten, dann führte der Weg für eine gute halbe Stunde steil entlang der Küstenlinie auf den Klippen bergan. Rechts ging es fast senkrecht nach unten ins Meer, auf der linken Seite tiefes Buschwerk. Immer wieder blieben wir stehen, um Fotos von den tollen Ausblicken zu machen. Als wir den höchsten Punkt erklommen hatten, ging es für eine Viertelstunde wieder ziemlich steil bergab, bis wir in die Sandy Bay, eine weitere Bucht, kamen, die bei Flut nicht ohne nasse Füße erreicht werden kann. Wir hatten zum Glück Ebbe bei Hin- und Rückweg.

In der Sandy Bay trafen wir unter einem Baum eine Wanderin, die vom Cape Reinga her kam und gerade ihren Sonnenschutz auffrischte. Sie fragte uns nach der Zeit, die wir vom Camp gebraucht hatten. Wir antworteten ihr, dass wir genau 50 Minuten unterwegs seien was sie ziemlich erstaunte, denn auf dem Schild am Cap steht 3 Stunden. Wir sagten dann, dass gleiche auf dem Schild am Camp steht, aber wir der Meinung sind, dass das die Zeitangabe für Hin- und Rückweg sein muss.

Sie sagte dann, dass sie vom Cape in die Bucht zwanzig Minuten gebraucht hat, es wäre nur noch den Berg hoch, dann stünde da schon der Leuchtturm. Wir bedankten uns und marschierten weiter und nach knapp zwanzig Minuten steilem Anstieg waren wir oben. In insgesamt einer Stunde und zwanzig Minuten waren wir am Leuchtturm angekommen und genossen die tolle Aussicht.

Cape Reinga ist der Ort, an dem nach dem alten Maoriglauben die Seelen der Verstorbenen das Land verlassen. Und es ist der Ort, an dem sich zwei Ozeane treffen: die Tasmanische See und der Pazifik. Und das ist sogar ganz deutlich zu sehen, denn die Wellen prallen tatsächlich gegeneinander!

Da wir auf dem Rückweg nur eine Steigung und dafür zwei Abstiege zu bewältigen hatten, waren wir sogar etwas schneller, als auf dem Hinweg: in einer Stunde und fünf Minuten inklusive Fotopausen waren wir wieder am Camp. Für eine Strecke von zehn Kilometern gar nicht mal so schlecht.

Im Camp war mittlerweile richtig Betrieb und wo wir zunächst ziemlich frei gestanden hatten reihte sich jetzt Wagen an Wagen. Neben uns zwei Münchnerinnen, die gerade grillten und sich mit einem fränkischen Paar daneben unterhielten.

Bei uns gab es dann die zuvor eingekauften Bratwürste vom Grill, das wohlverdiente Bier dazu und wir genossen den Sonnenuntergang. Vielleicht wird die Nacht sternenklar, dass ich nochmal versuchen kann, den Sternenhimmel zu fotografieren.

Tour 35: Whangarei – Kawakawa – Kaitaia – Tapotupotu Campsite, 270,34 km

 

Cape Reinga Coastal Walkway, 5,08 km einfache Strecke

Tag 34: Auf dem Weg nach Norden

Etappe: Tauranga – Whangarei

Die Nacht auf dem Parkplatz neben der Schule war ruhig, bis auf ein paar Spaßvögel, die meinten, sie müssten ein paar Silvesterraketen abschießen. Aber die Störung war nur kurz und ich bin auch gleich wieder eingeschlafen. Dass ein paar Meter neben dem Parkplatz gleich eine öffentliche Toilette war, erwies sich am Morgen als sehr praktisch.

Keine Angst, den Zustand der öffentlichen Toiletten in Neuseeland darf man keinesfalls mit dem in unseren Landen vergleichen. Hier könnte man sprichwörtlich fast vom Boden essen, so sauber sind die. Und immer ist Seife und Papier vorhanden.

Wir machten uns frisch und gingen über die Straße zu Karen und Patrick zum Frühstücken. Die beiden hatten es sich am Vorabend nicht nehmen lassen, uns noch zu Kaffee und Eiern mit Speck einzuladen.

Gegen halb zehn machten wir uns aber dann auf den Weg. Der Tag sah eine lange Etappe vor. Wir wollten bis nach Whangarei fahren, das sind immerhin 360 km, was eine der längsten Tagesetappen unserer Reise darstellte. Von Tauranga ging es auf dem State Highway 2 in Richtung Norden, bis wir an die Abzweigung zur Old Tauranga Road kamen. Unser Navi war auf “schnellste Strecke” eingestellt und meinte, hier abbiegen zu müssen.

Haben wir auch getan und nicht bereut. Durch ein schönes Tal kürzten wir tatsächlich ein ganzes Stück der Strecke ab, bis wir nach Waikino wieder auf den SH 2 gelangten. Diesem folgten wir dann, bis er bei Pokeno in die Hauptstraße Neuseelands, den State Highway 1, einbog. Der SH 1 zieht sich durch ganz Neuseeland, vom höchsten Norden am Cape Reinga bis in den tiefsten Süden, nach Bluff.

Durch den Sonntagsverkehr im Großraum Auckland ging es etwas zäher, bis wir, nachdem wir den mautpflichtigen Teil des SH 1 zwischen Silverdale und Waiwara umfahren hatten, wieder auf dem SH 1 waren. Man merkte deutlich, dass viele Aucklander das Wochenende genutzt hatten um aus der Stadt rauszufahren. Viele waren jetzt mit Sack und Pack, was hier mit Boot oder Wohnanhänger bedeutet, wieder in Richtung Auckland unterwegs.

Unsere weitere Fahrt verlief ziemlich ereignislos, ein paar Mal kamen Erinnerungen an unsere letzte Fahrt auf dieser Strecke hoch, aber ansonsten passierte nicht viel. Deshalb gibt es auch für diesen Tag keine Fotos.

In Whangarei angekommen fuhren wir zum Top 10 Holiday Park, ihr wisst schon, wegen der Mitgliedschaft und den Vergünstigungen. Kaum angekommen, fing es zu nieseln und bald auch stärker zu regnen an, was Claudia nutzte, um wieder mal Wäsche zu machen. Ich fing schon mal an, den Tagesbericht zu schreiben und unsere Sitzplatzreservierungen bei Singapore Airlines für die Rückflüge vorzunehmen.

Ja, es dauert nicht mehr lange, bis unsere sechs Wochen schon wieder rum sind. Heute in einer Woche sind wir schon wieder zu Hause. Die Zeit bisher verging für uns wie im Flug. Aber wir haben für den Rest unseres Roadtrips eigentlich nur noch Cape Reinga am nördlichsten Ende Neuseelands als Ziel. Und auf der Rückfahrt wollen wir uns nochmal Kauribäume ansehen. Aber keine Adventure-Sportarten oder Adrenalin-Exzesse mehr. Irgendwie müssen wir ja auch langsam runterkommen und uns wieder in Richtung “Normalbetrieb” orientieren.

Tour 34: Tauranga – Katikati – Paeroa – Pokeno – Auckland – Silverdale – Waiwera – Whangarei, 361,58 km